Jahresbericht 2016

TNr. 34: Bayerische Staatsgemäldesammlungen: Fehlzahlungen in Millionenhöhe durch fehlerhafte tarifliche Eingruppierung

Museumsbesucher; Bild: Jonathan Stutz - Fotolia.com
Das Kunstministerium muss sicherstellen, dass die Beschäftigten der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen rasch tarifgerecht eingruppiert werden. Fehlzahlungen sind zu korrigieren. Andernfalls werden weiterhin Zahlungen in erheblicher Höhe (jährlich rd. 560.000 €) unberechtigt geleistet.

Der ORH hat 2014 mit dem Staatlichen Rechnungsprüfungsamt Augsburg die Personalwirtschaft der Direktion der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen geprüft. Der Schwerpunkt der Prüfung lag auf der tarifgerechten Eingruppierung der Beschäftigten. Zudem wurde die Einhaltung der beamtenrechtlichen bzw. arbeitsvertraglichen Vorschriften überprüft. Die in die Prüfung einbezogenen Fälle wurden risikoorientiert ausgewählt.

34.1 Ausgangslage

Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen betreuen einen wesentlichen Teil des Gemälde- und Kunstbesitzes des Freistaates mit mehr als 30.000 Objekten sowie die dazugehörigen Münchener Museen: die Alte Pinakothek, die Neue Pinakothek, die Sammlung Moderne Kunst in der Pinakothek der Moderne, die Sammlung Schack und darüber hinaus ein Dutzend Zweigmuseen in ganz Bayern. Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen sind dem Kunstministerium nachgeordnet. Ihre Direktion übernimmt u. a. zentrale Verwaltungsaufgaben wie die gesamte Personalbewirtschaftung der 1.000 Mitarbeiter der staatlichen Museen und Sammlungen.

34.2 Feststellungen

34.2.1 Monetäre Auswirkungen

Überprüft wurden rd. 200 Personalfälle seit Bestehen des jeweiligen Arbeitsverhältnisses. Insgesamt gab es 277 Beanstandungen.[1] Hauptursache dafür waren die mangelhaften Feststellungen der Entgeltgruppen.

Verglichen mit der tarifgerechten Eingruppierung errechnete der ORH Fehl-zahlungen in Höhe von insgesamt rd. 5,8 Mio. € (Über- und auch in geringem Umfang Unterzahlungen).

Die monatlichen Fehlzahlungen betrugen zum Zeitpunkt der Prüfung rd. 48.000 €.

34.2.2 Eingruppierungspraxis und befristete Arbeitsverhältnisse

Die Eingruppierungspraxis der Direktion der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen entspricht in den beanstandeten Fällen nicht den tarifrechtlichen Anforderungen. Für eine richtige Eingruppierung müssen insbesondere die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit und die persönliche Qualifikation berücksichtigt werden.

Um die Entgeltgruppen zuverlässig feststellen zu können, müssen die Tätigkeiten in Arbeitsvorgängen abgebildet werden. Dies ist i. d. R. nicht geschehen. Weiter wurde nicht oder nur unzureichend festgestellt, ob die Voraussetzungen für die einzelnen Eingruppierungen erfüllt waren. So fehlte beispielsweise in 56 Fällen eine Begründung, ob die Tätigkeiten selbstständig im Sinne des Tarifrechts erledigt werden.

Für die Eingruppierungen von „sonstigen Beschäftigten", die nicht über die eigentliche tariflich geforderte Qualifikation verfügen, wurde z. B. nicht geprüft, ob sie vergleichbare Fähigkeiten vorweisen können wie Beschäftigte mit originärer Technikerausbildung oder Bachelorabschluss. Beispielsweise wurde ein Handwerksmeister zunächst einem Techniker und dann einem Diplom-Ingenieur (FH) gleichgestellt.

Bei befristeten Arbeitsverhältnissen wurden tarifliche und arbeitsrechtliche Vorgaben nicht beachtet, insbesondere das Teilzeit- und Befristungsgesetz. Daueraufgaben, wie z. B. das zeitliche Bestimmen von Fundstücken, wurden in Arbeitsverträgen als Projekte bezeichnet. Dies kann zu unbefristeten Arbeitsverhältnissen führen, für die die haushaltsgesetzlich notwendigen Stellen nicht vorhanden sind. Vielfach wurden auch notwendige Eintragungen im elektronischen Personalverwaltungsverfahren falsch eingegeben, das Grundlage für die Entgeltzahlungen ist.

Dies alles führte zu den beträchtlichen Fehlzahlungen, unter Umständen auch zulasten der betroffenen Beschäftigten.

34.2.3 Keine Mitarbeiterschulungen

Die Direktion der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen setzte im Personalreferat überwiegend angelernte Kräfte ein. Die Mitarbeiter wurden vorwiegend aus dem Museumsdienst (beispielsweise Aufsicht) gewonnen und bis zur Prüfung durch den ORH kaum für ihre neuen Aufgaben fortgebildet oder weiter qualifiziert. Insbesondere erhielten sie keine Schulung zu der neuen Entgeltordnung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder, die seit dem 01.01.2012 gilt.

34.3 Würdigung

Das Personalreferat bei der Direktion der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen besteht aus wenigen Mitarbeitern, die für ihre Arbeitsaufgaben in den meisten Fällen intern angelernt wurden.

Das notwendige Fachwissen für die anspruchsvollen und vielfältigen Aufgaben einer Personalstelle kann bei einem kleinen Personalkörper erfahrungsgemäß nicht intern, sondern nur durch zusätzliche externe Fortbildungen und Schulungsmaßnahmen erworben werden. Der ORH sieht einen deutlichen Nachholbedarf für fachliche Fortbildungen und Qualifikation im Tarif- bzw. Arbeitsrecht für die damit betrauten Mitarbeiter in der Personalabteilung.

Eine ausreichende Qualität in der Personalsachbearbeitung muss gewährleistet sein, damit Fehlzahlungen im Interesse des Staatshaushalts und der Mitarbeiter vermieden und die persönlichen Haftungsrisiken (Regress) ausgeschlossen werden.

Gut qualifizierte sowie weitergebildete Mitarbeiter in der Personalstelle leisten einen wesentlichen Beitrag dafür, dass Konflikte wegen der Entgeltzahlungen mit den Beschäftigten vermieden und die für die Staatlichen Museen und Sammlungen benötigten Fachkräfte auch langfristig gebunden werden.

34.4 Stellungnahme der Verwaltung

Die Direktion der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen räumt in ihrer Stellungnahme ein, die Prüfung des ORH habe deutlich gemacht, dass die bisherige Eingruppierungspraxis im Bereich der Staatlichen Museen und Sammlungen Mängel und Schwächen aufweise und nicht in allen Punkten den tarifrechtlichen Anforderungen entspreche.

Das Kunstministerium stellt in seiner Stellungnahme fest, dass die Sicherstellung der tarifgerechten Eingruppierung der Beschäftigten der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen für alle Beteiligten oberste Priorität genieße, der Handlungsbedarf erkannt und Maßnahmen zur tarifgerechten Eingruppierung angelaufen seien.

Die monetären Auswirkungen von jährlich mindestens 560.000 € hält das Kunstministerium für derzeit noch nicht verifizierbar. Das Ergebnis werde erst nach der vollständigen Evaluation der Stellen im Kap. 15 70 vorliegen. Bisher gebe es kaum belastbare Stellenbeschreibungen und Stellenbewertungen. Zur externen Unterstützung habe man einen erfahrenen Dienstleister ins Haus geholt.

Nach Auffassung der Direktion sei das Ergebnis der Prüfung u. a. auch Ausfluss eines bestehenden und tradierten Strukturmangels. Seit der Zusammenlegung der Museums- und Sammlungsverwaltung im Jahr 2000 und auch bereits davor seien die Stellen für die staatlichen Museen bzw. staatlichen Sammlungen zu keiner Zeit beschrieben und bewertet worden. Daher konnten die Mitarbeiter des neu gebildeten zentralen Personalreferates auf keine belastbaren Stellenbeschreibungen bzw. Stellenbewertungen zurückgreifen und diese auch nicht in die Feststellungen der Entgeltgruppen einfließen lassen. Erschwerend komme hinzu, dass die Mitarbeiter des zentralen Personalreferates überwiegend nicht einschlägig qualifiziert und für ihre Arbeitsaufgaben i. d. R. nur intern angelernt worden seien. Externe Fortbildungen und Schulungsmaßnahmen hätten in der Vergangenheit leider nicht im erforderlichen Umfang gewährleistet werden können.

Vor diesem Hintergrund und den Empfehlungen der Rechnungsprüfung seien als erste Sofortmaßnahme alle Mitarbeiter des zentralen Personalreferates durch einen externen Fortbildungsträger in einem zweitägigen In-House-Seminar erstmals zur Thematik der Eingruppierungen eingehend geschult worden. Im Übrigen habe die Zentralverwaltung Einzelmaßnahmen in den Bereichen Kettenarbeitsverträge, Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz, Zeitzuschläge für Überstunden und Beteiligung des Personalrats durchgeführt.

34.5 Schlussbemerkung

Dem Kunstministerium und der Direktion der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen sind die Prüfungsergebnisse seit Ende 2014 bekannt. In den Stellungnahmen wird angeführt, die tarifgerechte Eingruppierung habe oberste Priorität und dafür werde ein externer Dienstleister in Anspruch genommen. Dennoch kann zu der monetären Auswirkung noch immer nicht Stellung genommen werden. Das bedeutet, dass immer noch keine tarifgerechte Eingruppierung erfolgt ist.

Das Kunstministerium muss sicherstellen, dass die Beschäftigten der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen rasch tarifgerecht eingruppiert werden.

Andernfalls werden weiterhin Zahlungen in erheblicher Höhe (jährlich rd. 560.000 €) unberechtigt geleistet. Zudem besteht das Risiko, dass diese wegen der tarifrechtlichen Ausschlussfrist von sechs Monaten nicht mehr zurückgefordert werden können.

[1] Personalfälle wurden oft mehrfach beanstandet.

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