Jahresbericht 2017

TNr. 28: Zahnmedizin am Universitätsklinikum Regensburg

Patientin beim Zahnarzt; Bild: Stasique - Fotolia.com
Bei den Zahnkliniken des Universitätsklinikums Regensburg kam es nicht zu den Einsparungen, die dem Landtag 2009 nach einer vorhergehenden Prüfung des ORH angekündigt waren. Der Fehlbetrag der Zahnkliniken hat sich 2015 gegenüber 2004 sogar leicht erhöht.

Der ORH erneuert seine dringende Empfehlung, die Wirtschaftlichkeit der Zahnkliniken zu verbessern.

Der ORH hat 2016 die Entwicklung der Betriebsergebnisse der Geschäftsjahre 2013 bis 2015 sowie der Leistungsparameter in Forschung und Lehre der Kliniken für Zahnerhaltung und Parodontologie (ZEP), Zahnärztliche Prothetik (Prothetik), Kieferorthopädie (KOP) sowie Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG) in Regensburg erneut untersucht. Prüfungsgegenstand war auch, ob die vom Wissenschaftsministerium im Zusammenhang mit dem Jahresbericht 2006 gegebenen Zusagen eingehalten worden sind.

28.1 Ausgangslage

Die Zahnmedizin am Regensburger Universitätsklinikum war bereits Gegenstand des Jahresberichts vor elf Jahren.[1] Der ORH hatte damals vorgeschlagen, nicht nur auf die in Regensburg geplante Sanierung der Zahnklinik zu verzichten. Er hatte auch gefordert, die zahnmedizinische Ausbildung in Regensburg auf mittlere Sicht einzustellen. Begründung war u.a. ein großer Zuschussbedarf.

Der Landtag hatte in seinem Beschluss von 2007 festgestellt, dass das Fach Zahnmedizin am Universitätsklinikum fortgeführt werden soll. Zugleich hatte er in seinen Beschlüssen 2007 und 2008 die Staatsregierung ersucht, über die Ergebnisse der Maßnahmen zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit im Bereich der Zahnmedizin Regensburg zu berichten.[2]  In der Folge hatte das Wissenschaftsministerium 2009 mitgeteilt, dass die Sachkostenbudgets der zahnmedizinischen Kliniken des Universitätsklinikums Regensburg ab 2007 um 2,5% gekürzt worden wären. Mittelfristig würden nach der abgeschlossenen Sanierung Einsparungen von 400.000 bis 500.000 € pro Jahr angestrebt.

2009 hatte der Landtag zur Kenntnis genommen, dass die weitere Entwicklung Gegenstand künftiger Prüfungen des ORH sein werde. Zu diesem Zeitpunkt konnten nämlich die erhofften Kosteneinsparungen und Erlösverbesserungen bei der Zahnmedizin in Regensburg noch nicht beziffert werden. Der Landtag hatte den Fall damit abgeschlossen.

Die Sanierungsarbeiten fanden von 2008 bis Ende 2011 bei laufendem Betrieb statt und hatten ein Kostenvolumen von 21,5 Mio. €.

Die Zahl der Zahnmedizinstudenten in Regensburg hat sich von 2004 bis 2015 um 67 erhöht (+ 17%).

28.2 Feststellungen

28.2.1 Betriebsergebnisse der zahnmedizinischen Kliniken (ZMK) 2013 bis 2015

Trotz Steigerung der Erlöse und Erhöhung des Anteils am Staatszuschuss für Forschung und Lehre bleibt das Gesamtergebnis der ZMK defizitär.

Tab 39

Die Steigerung der Gesamterlöse ist vor allem auf eine Erhöhung der Privatambulanzerlöse der ZMK und der stationären Erlöse der MKG zurückzuführen. 2014 und 2015 waren die Staatszuschüsse für Forschung und Lehre an die ZMK außergewöhnlich hoch (vgl. TNr. 28.2.4). Ohne diese Erhöhungen des Staatszuschusses lägen die Defizite 2014 und 2015 bei 3,5 bzw. 3,8 Mio. € und befänden sich damit auf einem vergleichbaren Niveau wie 2013.

28.2.2 Vergleich der Erlöse und Kosten 2004 mit 2015

Ein Vergleich der Erlöse und Kosten 2015 mit den Zahlen der vorangegangenen Prüfung zum Geschäftsjahr 2004 ist nur bezogen auf die Gesamterlöse und die Personal- und Sachkosten möglich. In der damaligen Prüfung konnten weder die Gemeinkostenumlage noch der anteilige Staatszuschuss für Forschung und Lehre den ZMK zugeordnet werden; beide Beträge waren damals im Einzelnen noch nicht ausgewiesen.

Tab 40

Trotz der erheblichen Erlössteigerung seit 2004 hat sich, bedingt durch die beträchtliche Erhöhung bei den Personal- und Sachkosten, der Fehlbetrag 2015 gegenüber 2004 sogar noch leicht erhöht.

28.2.3 Sachkostenbudgetierung

Den einzelnen Zahnkliniken wurden 2013 bis 2015 folgende Sachkostenbudgets zugewiesen:

Tab 41

Die Sachkostenbudgets aller Zahnkliniken wurden von 2013 zu 2015 um 763.000 € (+ 16,3%) angehoben, wobei der größte Anteil der MKG zuzuordnen war (564.000 €).

Trotz der Anhebung der Sachkostenbudgets bei MKG, ZEP und Prothetik wurden diese, bis auf wenige Ausnahmen, regelmäßig überschritten.

Die KOP hat als einzige Klinik nicht nur ihr Sachkostenbudget um 20% gesenkt, sondern auch die tatsächlichen Sachkosten um fast 34% gemindert.

28.2.4 Staatszuschuss - Leistungsparameter in Forschung und Lehre

Laut Bayerischem Hochschulgesetz[3] ist ein Anteil des Staatszuschusses für Forschung und Lehre nach leistungsbezogenen Kriterien zu verteilen. Diese Verteilung erfolgt als leistungsorientierte Mittelvergabe (LOM) auf der Grundlage von Leistungsparametern. Anerkannte Maßstäbe für die Evaluierung von Forschungsaktivitäten sind die Analyse der Publikationsdaten wissenschaftlicher Beiträge in den einschlägigen Fachzeitschriften (sog. Impact-Faktoren) und die Drittmitteleinwerbungen. Für den Bereich der Lehre wird die Zahl der Studenten zugrunde gelegt.

Die Impact-Faktoren (kumuliert über jeweils einen 4-Jahres-Zeitraum) als Gradmesser für die Publikationsleistungen haben sich seit 2004 um mehr als das Fünffache (von 94,8 auf 603,7) erhöht und zeigen den Aufwärtstrend in der wissenschaftlichen Arbeit der ZMK.

Die verausgabten Drittmittel für Forschungsprojekte der ZMK haben sich seit 2004 von 642.571 auf 1.384.553 € mehr als verdoppelt. Hervorzuheben ist die Wertigkeit der verausgabten Drittmittel 2013 bis 2015: Sie beruhen zur Hälfte auf Forschungsaufträgen der Drittmittelgeber wie Bund, Land, Deutsche Forschungsgemeinschaft (Sonderforschungsbereiche) und EU; damit wird dieser Teil der Drittmittel im Rahmen der LOM vierfach gewertet.

28.3 Würdigung

Der ORH erkennt an, dass sich die Leistungen in Forschung und Lehre positiv entwickelt haben, die durch gesteigerte Drittmittelausgaben, Impact-Faktoren und Erhöhung bei der Zahl der Studienanfänger dokumentiert sind. Infolgedessen hat sich bei der ZMK der Staatszuschuss für Forschung und Lehre 2015 auf nunmehr 7,2 Mio. € erhöht. Gleichwohl lagen die Betriebsergebnisse 2014 und 2015 immer noch bei jeweils - 1,7 Mio. €.

Trotz einer Erlössteigerung um das Eineinhalbfache seit 2004 hat sich der Fehlbetrag nicht verringert, da sich die Kosten gleichermaßen erhöht haben. Die angestrebte Kosteneinsparung von 400.000 bis 500.000 € pro Jahr wurde bei Weitem nicht erreicht.

Bei den Budgets für Sachkosten erfolgten - mit Ausnahme der KOP - von 2013 bis 2015 keine Einsparungen, vielmehr wurden sie weiter erhöht.

Das Sachkostenbudget der Zahnkliniken hat sich seit 2004 mehr als verdoppelt (+ 127,8%). Dies entspricht nicht dem, was das Wissenschaftsministerium 2009 im Bericht an den Landtag zugesagt hatte.

28.4 Stellungnahmen

28.4.1 Stellungnahme des Universitätsklinikums

Das Universitätsklinikum verweist auf die deutlichen Mehraufwendungen für die zahnmedizinischen Kliniken, ohne dass diesen adäquate Positionen auf der Einnahmenseite gegenüberstünden. Diese seien:
  • ein größerer Materialverbrauch bei der klinischen Ausbildung der Studenten durch mehrfaches Wiederholen der Behandlungsmaßnahmen und Nacharbeiten von Zahnersatz, der durch Studierende mangelhaft erstellt wurde,
  • die bereitzustellenden Eigenanteile durch den jeweiligen Empfänger von Drittmitteln mit höherer Wertigkeit,
  • notwendige Mehraufwendungen durch die Umstellung der tariflichen Vergütung der angestellten Ärzte von BAT auf TV-Ä und
  • der Beginn der Optimierung der Hygieneprävention im Jahr 2015 und die dadurch entstandenen Mehraufwendungen bei den Sachkosten.

28.4.2 Stellungnahme des Wissenschaftsministeriums

Das Wissenschaftsministerium sieht in der positiven Entwicklung der Leistungen in Forschung und Lehre eine Bestätigung, das Fach Zahnmedizin am Universitätsklinikum Regensburg fortzuführen.

Im Sinne der vom Landtag erbetenen Steigerung der Wirtschaftlichkeit müsse anstelle einer reinen Fehlbetragsbetrachtung (Erlöse abzüglich Kosten) die Ertrag-Aufwand-Relation betrachtet werden. Während die Gesamterlöse der ZMK zwischen 2004 und 2015 um 155,7% gestiegen seien, hätten sich die Sachkosten im selben Zeitraum "nur" um 127,8% und die Personalkosten "nur" um 63,7% erhöht. Die Kosten seien also über den Vergleichszeitraum deutlich geringer gestiegen als die Erlöse gesteigert werden konnten.

Betriebsnotwendige Mehraufwendungen, sowohl tarifbedingt bei den Personalkosten als auch bei den Sachkosten (insbesondere Qualitäts- und Hygienestandards), hätten überkompensiert werden können. Die Wirtschaftlichkeit zwischen 2004 und 2015 sei signifikant verbessert worden.

Die verbesserte Wirtschaftlichkeit sei auch daran ablesbar, dass 2004 das Erlös-Kosten-Verhältnis 1:2 betragen habe, während es in 2015 auf rd. 1:1,38 verbessert worden sei. Dies entspreche einer Steigerung der Wirtschaftlichkeit um 31% und trage der Forderung des Landtags im Beschluss von 2007 Rechnung.

28.5 Schlussbemerkung

Die dem Landtag in Aussicht gestellten Kürzungen der Sachkostenbudgets sowie weitere Einsparungen wurden mit Ausnahme der kleinsten Klinik KOP nicht erreicht. Trotz der Sanierung haben sich die Sachausgaben im Vergleich zu 2004 um 127% gesteigert, obwohl die Zahl der Studierenden sich lediglich um 17% erhöht hat. Auch die angestrebte allgemeine Kosteneinsparung nach der Sanierung von jährlich 400.000 bis 500.000 € wurde bei Weitem nicht erreicht. Das relative Erlös-Kosten-Verhältnis ist nicht maßgebend, entscheidend ist die absolute Differenz zwischen Erlösen und Kosten. Diese blieb über Jahre deutlich negativ. Der absolute Fehlbetrag der ZMK hat sich seitdem sogar noch leicht erhöht und beträgt inzwischen 4,9 Mio. €.

Der ORH erneuert seine dringende Empfehlung, die Wirtschaftlichkeit der Zahnkliniken zu verbessern und den Fehlbetrag deutlich zu verringern.

 


[1] ORH-Bericht 2006 TNr. 40.
[2] Beschluss des Landtags vom 17.04.2007 LT-Drs. 15/7950 Nr. 2 u).
[3] Art. 5 Abs. 2 BayHSchG.