Jahresbericht 2018

TNr. 55: Landessammelstelle Bayern für radioaktive Abfälle

Schild "GRB"; Bild: ORH
Der Freistaat betreibt die Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle aus Bayern in Bundesauftragsverwaltung. Der Bund ist verpflichtet, dem Freistaat die geleisteten Ausgaben zu erstatten. Allein bis 2014 beläuft sich die Gesamtbelastung des Freistaates auf über 3,7 Mio. € (ohne Zinsen). Der ORH empfiehlt dringend, die bestehenden Ansprüche nun endlich durchzusetzen.

Der ORH hat 2016/2017 die Beteiligung des Staates an der GRB - Sammelstelle Bayern für radioaktive Stoffe GmbH (GRB) geprüft. Der Freistaat ist seit Mitte 2016 alleiniger Gesellschafter des Unternehmens. Prüfungsmaßstab war die Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Betätigung des Freistaates als Gesellschafter der GRB.


55.1 Ausgangslage


55.1.1 Einrichtung der Landessammelstellen im Bundesauftrag

Die Länder haben im Auftrag des Bundes Landessammelstellen für die Zwischenlagerung bestimmter, in ihrem Gebiet anfallender radioaktiver Abfälle einzurichten.[1]

Die dabei anfallenden Kosten haben nach dem Atomrecht die Abfallverursacher zu tragen. Daher sind für die Benutzung der Landessammelstellen Kosten bzw. Entgelte zu erheben. Diese sind so zu bemessen, dass sie die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten der laufenden Verwaltung und Unterhaltung decken.[2]

Soweit dies nicht gelingt, ist der Bund dazu verpflichtet, den Ländern die im Rahmen des Bundesauftrages geleisteten Ausgaben zu erstatten.[3]


55.1.2 GRB - Sammelstelle Bayern für radioaktive Stoffe GmbH

Gegenstand des Unternehmens ist die Sammlung und Zwischenlagerung von schwach- und mittelradioaktiven Stoffen in Bayern bis zur endgültigen Entsorgung.

Der Freistaat hat 1985 die GRB mit der Errichtung und dem Betrieb der Landessammelstelle Bayern für radioaktive Abfälle betraut.

Die GRB betreibt zur Erfüllung dieser Aufgabe Anlagen in Mitterteich und Neuherberg. Das Unternehmen nutzt den Standort Mitterteich ausschließlich als Zwischenlager für feste radioaktive Abfälle bis zur Abgabe an ein Endlager. Der Standort Neuherberg dient vor allem als Annahmestelle von flüssigen sowie faul- und gärfähigen radioaktiven Abfällen.

Die GRB erhebt von den Abfallverursachern Entgelte für die Benutzung ihrer Anlagen. Sie unterliegt dabei den oben genannten Vorgaben.[4]


55.2 Ausgaben des Freistaates für die Landessammelstelle


55.2.1 Feststellungen

Der Freistaat hat seit den 80er-Jahren die Errichtung und den Betrieb der Landessammelstelle Bayern finanziell unterstützt. Hierzu gewährte er der GRB Kapitaleinlagen, Darlehen und Zuschüsse.

Die GRB konnte die Kosten der Landessammelstelle mit den erhobenen Entgelten aus verschiedenen Gründen nicht decken. So musste sie insbesondere die radioaktiven Abfälle länger als erwartet zwischenlagern, da sich die Errichtung eines Endlagers verzögert.

Um die Verluste auszugleichen und eine mögliche Überschuldung zu verhindern, verzichtete der Freistaat auf die Rückzahlung eines Teils der Darlehen.

Nachdem die Frage der Finanzierungszuständigkeit (Bund oder Freistaat) für einen Neubau der Annahmestelle Neuherberg nicht rechtzeitig geklärt werden konnte, finanzierte der Freistaat diesen komplett über nicht rückzahlbare Zuschüsse vor. Der Ministerrat beschloss dies unter dem Vorbehalt, dass der Bund seiner Zahlungsverpflichtung nachkommt und die vorfinanzierten Kosten in einem überschaubaren Zeitraum zurückerstattet.

Im Ergebnis stellte der Freistaat für die Landessammelstelle über 3,7 Mio. € (ohne Zinsen) zur Verfügung.

Als Teil des staatlichen Haushaltes waren die Zahlungen an die GRB auch durch Kredite finanziert. Daher kann der Freistaat entsprechende Fremdkapitalzinsen ansetzen. Das Umweltministerium berechnete die Zinsbelastung von mehreren Millionen Euro auf Grundlage veröffentlichter allgemeiner Zinssätze zuzüglich eines Aufschlags.

Eine Erstattung der Ausgaben erhielt der Freistaat bis heute nicht. Das Umweltministerium hatte sich seit den 80er-Jahren wiederholt schriftlich und in Gesprächen an den Bund gewandt. Dieser hatte mehrmals die vorgetragenen Forderungen abgelehnt. Die Landessammelstellen seien gesetzlich berechtigt, aber auch verpflichtet, kostendeckende Entgelte zu erheben. Für eine Ausgabenerstattung bestehe daher kein Anlass.

Andere Bundesländer, denen der Bund ebenfalls Erstattungen für die Landessammelstellen verwehrt hatte, setzten ihre Ansprüche gerichtlich durch.[5] Das Umweltministerium unterließ eine Klageerhebung.


55.2.2 Würdigung und Empfehlung

Die Finanzierungsverantwortung für die Landessammelstellen liegt beim Bund. Dies stellte der ORH bereits bei einer vorhergehenden Prüfung fest und ist inzwischen auch höchstrichterlich geklärt. Das Umweltministerium sagte 2002 zu, mit Nachdruck auf die Erstattung aller bisher angefallenen Ausgaben im Zusammenhang mit der Landessammelstelle zu dringen. Das Ministerium beschränkte sich allerdings auf Gespräche bzw. Schriftverkehr mit dem Bund und sah trotz der Rechtslage von einer gerichtlichen Geltendmachung ab.

Der ORH empfiehlt dem Umweltministerium dringend, gegenüber dem Bund die Ansprüche auf Ausgabenerstattung nun endlich durchzusetzen und neben der Hauptforderung auch anzusetzende Zinsen geltend zu machen.


55.3 Stellungnahme der Verwaltung

Das Umweltministerium hat in Abstimmung mit dem Finanzministerium wie folgt Stellung genommen:

Der Bund habe früher eine Erstattung der infrage stehenden Ausgaben pauschal abgelehnt. Dies habe der Freistaat nie akzeptiert. Seit einigen Jahren bestehe mit den zuständigen Mitarbeitern beim Bundesumweltministerium Einverständnis, dass die Ansprüche des Freistaates dem Grunde nach bestehen.

Im Anschluss an die Prüfung des ORH habe das Umweltministerium mehrere Gespräche mit dem Bund geführt. Dieser habe zusätzliche Unterlagen und Nachweise angefordert. Es sei davon auszugehen, dass der Sachverhalt in nächster Zeit abschließend geklärt und abgeschlossen werden könne.


55.4 Schlussbemerkung

Das Umweltministerium hat seine Zusage aus dem Jahr 2002, beim Bund mit Nachdruck auf die Erstattung aller Ausgaben für die Landessammelstelle zu dringen, nicht umgesetzt. Allein bis 2014 beläuft sich die Gesamtbelastung des Freistaates auf über 3,7 Mio. € (ohne Zinsen). Der ORH empfiehlt dringend, die bestehenden Ansprüche nun endlich durchzusetzen. Wenn die Gespräche mit dem Bund nicht zeitnah zum Erfolg führen, sollten die Ansprüche gerichtlich geltend gemacht werden.

 


[1] §§ 9a Abs. 3, 24 Abs. 1 AtG; Art. 87c, 73 Abs. 1 Nr. 14 GG.
[2] § 21a AtG.
[3] Art. 104a Abs. 2 GG und BVerwG Urteile vom 24.07.2008 Gz. 7 A 2.07 und 7 A 3.07 sowie BVerwG Urteil vom 27.01.2010 Gz. 7 A 8.09.
[4] Vgl. Fn. 264.
[5] BVerwG Urteile vom 24.07.2008 Gz. 7 A 2.07 und 7 A 3.07 sowie BVerwG Urteil vom 27.01.2010 Gz. 7 A 8.09.