Jahresbericht 2023

TNr. 53 Vergütung für die Betreuung von Staatsbürgschaften des Freistaats Bayern

Das Finanzministerium hat die LfA Förderbank Bayern mit der Betreuung von Staatsbürgschaften im gewerblichen Bereich beauftragt. Hierfür überlässt es der LfA die dem Freistaat zustehenden Risikoprämien in Millionenhöhe. Die Risikoprämien übersteigen bei Weitem ein angemessenes Entgelt für deren Dienstleistung. Das Finanzministerium sollte dringend die Vergütung der LfA anpassen und verbindlich vorgeben, dass die Risikoprämien dem Freistaat zufließen.

Der ORH hat 2020/2021 die vom Freistaat im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie gewährten Staatsbürgschaften im Bereich der gewerblichen Wirtschaft geprüft. Ein Schwerpunkt der Prüfung war die Wirtschaftlichkeit der Vergütung für die Betreuung von Staatsbürgschaften durch die LfA Förderbank Bayern (LfA).


53.1 Ausgangslage

Das Finanzministerium ist ermächtigt, Bürgschaften für Kredite zur Finanzierung von Vorhaben im Bereich der gewerblichen Wirtschaft bis zu einem Gesamthöchstbetrag von 5 Mrd.€ zulasten des Freistaates gegenüber Kreditinstituten zu übernehmen.1

Staatsbürgschaften sind Ausfallbürgschaften: Der Freistaat übernimmt eine Bürgschaft gegenüber einem Kreditinstitut und sichert mit seiner Kreditwürdigkeit ein Darlehen dieses Instituts an ein Unternehmen ab. Das Ausfallrisiko für den Fall, dass das Unternehmen das Darlehen nicht zurückzahlen kann, wird letztlich vom Staat getragen. Hierfür entrichtet das Unternehmen eine Risikoprämie in Form des sog. Bürgschaftsentgelts. Die Höhe dieser Risikoprämie bemisst sich nach der Höhe der übernommenen Bürgschaft und ist direkt proportional zum Ausfallrisiko.

Der Freistaat kann Bürgschaften allein, gemeinsam mit dem Bund (Bund-Länder-Bürgschaft) oder anderen Ländern (länderübergreifende Bürgschaft) übernehmen. Bei Bund-Länder-Bürgschaften übernimmt der Bund gemeinsam mit einem oder mehreren Ländern das Ausfallrisiko. Länderübergreifende Bürgschaften werden vereinbart, wenn ein Unternehmen einen signifikanten wirtschaftlichen Bezug zu mehreren Ländern hat. Die jeweiligen Länder teilen sich dann das Ausfallrisiko entsprechend der wirtschaftlichen Bedeutung des Unternehmens im Land.

Die Verwaltung von Staatsbürgschaften wird regelmäßig sog. Mandataren übertragen. In Bayern ist grundsätzlich die LfA als Mandatarin tätig; der Bund mandatierte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC für Bund-Länder-Bürgschaften. Bei den Bund-Länder-Bürgschaften und den länderübergreifenden Bürgschaften, an denen sich der Freistaat während der Corona-Krise beteiligt hat, ist PwC zusätzlich als Mandatar des Freistaates neben der LfA tätig. PwC übernahm in diesen Fällen die Federführung.

Kerngeschäft der LfA als Förderbank des Freistaates ist die finanzielle Förderung von bayerischen Unternehmen im Rahmen der Finanz-, Wirtschafts-, Verkehrs-, Umwelt- und Arbeitsmarktpolitik.2 Hierzu stellt der Landtag über sein Budgetrecht Haushaltsmittel zur Verfügung. Teilweise stammen diese Mittel aus Gewinnen der LfA3: Die LfA hat bis zu 75% ihres Gewinns an den Freistaat abzuliefern. Der Freistaat hat mindestens die Hälfte davon zweckgebunden für die Aufgaben der LfA zu verwenden.


53.2 Feststellungen

Im Verlauf der Corona-Pandemie gewährte das Finanzministerium zwischen 17.04.2020 und 07.05.2021 fünf Staatsbürgschaften im Bereich der gewerblichen Wirtschaft mit einem Haftungsbetrag des Freistaates von insgesamt 366 Mio.€.

Soweit der Freistaat allein eine Staatsbürgschaft übernahm, betreute die LfA als einzige Mandatarin das Antragsverfahren und nahm alle weiteren damit zusammenhängenden Prüfungen sowie die laufende Betreuungstätigkeit wahr.

Bei Bund-Länder-Bürgschaften und länderübergreifenden Bürgschaften sind PwC (federführend) und die LfA als Mandatare des Freistaates tätig. Die LfA ist vom Freistaat grundsätzlich mit denselben Aufgaben wie PwC betraut. Die Aufgaben von PwC umfassen die Betreuung des Antragsverfahrens, die wirtschaftliche Tragfähigkeitsprüfung, die Kreditvertragsprüfung sowie weitere laufende Verwaltungstätigkeiten und ggf. die Schadensabwicklung. Dabei sind die Tätigkeiten im Antragsstadium umfangreicher als die begleitende Betreuung. In diesen Fällen soll die LfA PwC beratend zur Seite stehen und kann Anregungen bzw. Empfehlungen aussprechen. Zudem übernimmt die LfA weitere Aufgaben für den Freistaat (bankmäßige Prüfung der Antragsunterlagen, Beachtung bayerischer Interessenlage).

Für die Übernahme des Ausfallrisikos ist in allen Fällen eine Risikoprämie zu entrichten. Nach der Bürgschaftsrichtlinie gewerbliche Wirtschaft4 schließt die LfA namens und im Auftrag des Freistaates mit dem Kreditgeber einen Bürgschaftsvertrag; sie erhebt für Staatsbürgschaften eine Risikoprämie. Die Bürgschaftsrichtlinie lässt offen, ob sie diese einbehalten darf oder an den Freistaat, der allein das Ausfallrisiko trägt, weiterzuleiten hat.

Das Finanzministerium überließ der LfA für die fünf Staatsbürgschaften die volle Risikoprämie als Vergütung für ihre Mandatartätigkeit. Dadurch lag die Gesamtvergütung der LfA im Zeitraum von 17.04.2020 bis 31.12.2021 bei 7,4 Mio.€, davon verblieben der LfA allein bei den Bund-Länder-Bürgschaften 6,8 Mio.€. PwC als federführender Mandatar des Freistaates erhält dagegen eine pauschale Vergütung je Bürgschaft. Die Gesamtvergütung lag weit unter 1 Mio.€.

Wird PwC als Bundesmandatar tätig, steht PwC nicht die Risikoprämie des Bundes, sondern eine separate Vergütung zu. Insgesamt wurden während der Corona-Krise Bund-Länder-Bürgschaften im Gesamtvolumen von 2,86 Mrd.€ über das sog. Großbürgschaftsprogramm des Bundes ausgereicht.5 Die Bundesregierung bezifferte die Ausgaben des Bundes für alle im Bundesgebiet im Rahmen des Großbürgschaftsprogramms von PwC betreuten Fälle bis September 2021 mit 1,13 Mio.€.6


53.3 Würdigung und Empfehlungen

Risikoprämien bei Staatsbürgschaften sind die Gegenleistung für die Übernahme des Ausfallsrisikos. Demgegenüber haben die Tätigkeiten der in das Bürgschaftsverfahren eingebundenen Mandatare den Charakter von Dienstleistungen und sind mit keinerlei (Ausfall-)Risiko behaftet.

Es sollte daher eindeutig und verbindlich geregelt werden, dass die Risikoprämien allein dem Freistaat zufließen; dies sichert dem Freistaat letztlich die ihm vollständig zustehenden Einnahmen. Derzeit fließen dem Freistaat Einnahmen aus den Risikoprämien nur z.T. und zudem indirekt über die Gewinnabführung der LfA zu. Dadurch kann der Haushaltsgesetzgeber nicht vollständig über die Verwendung der originär dem Freistaat zustehenden Mittel der Risikoprämien entscheiden.

Die Vergütung der LfA übersteigt bei Weitem ein angemessenes Entgelt für die risikolose Dienstleistung. Sie hält derzeit keinem Fremdvergleich stand: Obwohl PwC und LfA grundsätzlich mit denselben Aufgaben betraut sind, erhält die LfA eine deutlich höhere Vergütung. So übersteigen die Einnahmen der LfA aus den Bund-Länder-Bürgschaften das Honorar von PwC um mehrere Millionen€. Geht man von einer fünfjährigen Laufzeit der Bund-Länder-Bürgschaften aus, läge die Gesamtvergütung der LfA aus Risikoprämien letztlich bei 20 Mio.€.

Das Finanzministerium sollte dringend die Vergütung der LfA für künftige Staatsbürgschaften angemessen ausgestalten. Dabei sollte sich in der Vergütung der LfA widerspiegeln, dass die laufende Betreuung einer Staatsbürgschaft - im Vergleich zur Anfangsphase - regelmäßig einen geringeren Aufwand bedingt. Vor diesem Hintergrund sollte das Finanzministerium ebenfalls die Vergütung für die fünf laufenden Staatsbürgschaften anpassen.


53.4 Stellungnahme der Verwaltung

Das Finanzministerium hat in Abstimmung mit der LfA Stellung genommen.

Es sei unstrittig, dass die Risikoprämien dem Freistaat zustehen. Die Belassung der Risikoprämien bei der LfA sei nicht auf eine Regelungslücke, sondern auf begründete Einzelfallentscheidungen zurückzuführen. Für künftige Staatsbürgschaften werde allein aus Transparenzgründen eine einheitliche Vergütungsregelung vorgesehen, die dann auch die Abführungsmodalitäten der vollen Risikoprämien durch die LfA an den Freistaat umfassen soll.

Das Finanzministerium weist insbesondere darauf hin, dass die LfA als Anstalt des öffentlichen Rechts ein Kreditinstitut des Freistaates sei; es sei also eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung nötig. Die vertraglichen Leistungsbeziehungen zwischen dem Bund und seinem Bürgschaftsmandatar seien nicht vergleichbar mit der gesetzlich festgelegten Aufgabenerfüllung der staatlichen Förderbank LfA; sie gehen weit über das Vertragsverhältnis zwischen Bund und seinem Bürgschaftsmandatar hinaus.

Bei einer Gesamtbetrachtung müsse mit der vollständigen Abführung der Risikoprämien an den Freistaat keine Entlastung des Haushalts verbunden sein; im Gegenteil: es könnte ein Zuschussbedarf zulasten des Haushalts entstehen. Die fehlenden Risikoprämien würden die Erträge der LfA und damit deren Potenzial für eine Gewinnablieferung an den Staatshaushalt schmälern. Infolge würden sich die Gewinnrückflüsse an die LfA reduzieren.


53.5 Schlussbemerkung

Über Zuschussbedarfe der LfA entscheidet der Haushaltsgesetzgeber. Dieser hat aufgrund seines Budgetrechts über die Höhe der Zuwendungen an die LfA zu entscheiden.

Das Finanzministerium sollte die Vergütung der LfA angemessen ausgestalten und verbindlich vorgeben, dass Risikoprämien bei Staatsbürgschaften dem Freistaat zufließen. Die vom Finanzministerium angekündigte, einheitliche Vergütungsregelung sollte daher umgehend umgesetzt werden.

Darüber hinaus empfiehlt der ORH dringend, dass das Finanzministerium mit der LfA eine Lösung für die Vergütung der laufenden Staatsbürgschaften findet, denn die Überlassung der vollen Risikoprämien an die LfA führt zu einer Überkompensation in Millionenhöhe.



[1] Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BÜG.
[2] Art. 3 LfAG.
[3] Art. 18 LfAG.
[4] Nr. 16 und 20.1 Richtlinie für die Übernahme von Staatsbürgschaften im Bereich der gewerblichen Wirtschaft.
[5] Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Überblickspapier Corona-Hilfen, S. 9 (https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/C-D/Corona/ueberblickspapier-corona-hilfen.pdf?__blob=publicationFile&v=8, abgerufen am 06.02.2023).
[6] Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage, BT-Drs. 19/32542 vom 22.09.2021, S.2.