Jahresbericht 2023

TNr. 46 Förderung von Digitalfunkendgeräten

Im Zusammenhang mit der Einführung des Digitalfunks bei der Polizei wurde Ende 2012 auch ein Sonderförderprogramm für die digitalen Endgeräte der nichtstaatlichen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) aufgelegt. Bis heute besteht kein Zeitplan für die Abwicklung der Förderung, der Abschluss ist offen.

Von den in den Jahren 2010 bis 2020 veranschlagten 100 Mio.€ flossen tatsächlich nur 32,4 Mio.€ ab. Die Planung der Haushaltsmittel war unzutreffend. Ende 2020 wurden immer noch hohe Ausgabereste von 38,0 Mio.€ des Sonderförderprogramms übertragen. Zudem blieben weitere Ausgabereste von 37,6 Mio.€ aus der Feuerschutzsteuer ungenutzt. Beim Sonderförderprogramm sollten für Feuerwehrzwecke vorrangig die zweckgebundenen Ausgabereste der Feuerschutzsteuer verwendet und die nicht mehr benötigten Ausgabereste des Sonderförderprogramms eingezogen werden.

Der ORH hat von Ende 2020 bis Anfang 2022 das „Sonderförderprogramm für Zuwendungen des Freistaates Bayern zur Beschaffung der Endgeräte des digitalen BOS-Funks in Bayern (Sonderförderprogramm Digitalfunk)“ geprüft. Dabei sind mit BOS alle Behörden und Organisationen mit Sicherheitsfunktionen gemeint. Die Prüfung bezog sich auf die Jahre 2012 bis 2019; in Einzelaspekten bis zum Jahr 2020. Wesentlicher Prüfungsmaßstab waren Ordnungsmäßigkeit und Sparsamkeit (Art. 7 BayHO).


46.1 Ausgangslage

Bereits 2003 begannen die Planungen für den Aufbau eines bundesweiten Digitalfunknetzes. Am 01.06.2007 wurde auf der Konferenz der Innenminister des Bundes und der Länder das Verwaltungsabkommen über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern beim Aufbau und Betrieb eines bundesweit einheitlichen digitalen Sprech- und Datenfunksystems für alle Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben in der Bundesrepublik Deutschland geschlossen. Die Zuständigkeit für die Gesamtplanung und die Koordination sowie die Organisation des Aufbaus und der Wartung des bundesweiten Digitalfunknetzes liegt bei der Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS) mit Sitz in Berlin.

In Bayern wurde das TETRA1-Netz für den digitalen BOS-Funk Ende 2016 flächendeckend in Betrieb genommen und steht seitdem allen bayerischen BOS zur Verfügung. Die neue digitale TETRA-Funktechnik wurde dabei parallel zur herkömmlichen, zwischenzeitlich aber veralteten analogen Technik eingeführt und hat diese schrittweise ersetzt.

Neben den staatlichen BOS (z.B. Zoll, Katastrophenschutz, Bundespolizei, Polizei der Länder) existiert auch eine Vielzahl an nichtstaatlichen BOS. Dazu zählen in Bayern vor allem die rd. 7.500 Freiwilligen Feuerwehren mit ihren rd. 318.000 ehrenamtlichen Feuerwehrleuten. Weitere bedeutende Organisationen sind die in den 26 Rettungsdienstbereichen operierenden Einheiten der Land-, Luft-, Höhlen- und Wasserrettung sowie die nach Landesrecht operierenden Katastrophenschutzeinheiten. Alle Organisationen werden ggf. über eine der jeweils zuständigen 26 Integrierten Leitstellen (ILS) alarmiert.

Der Freistaat hatte mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Sozialversicherungsträgern über die Finanzierung der Einführung des digitalen BOS-Funks in Bayern verhandelt. Dabei hatte er sich Ende 2009 bereiterklärt, die Förderung der digitalen Endgeräte zu übernehmen.2 Im Gegenzug hatten die Verhandlungspartner ihre Bereitschaft erklärt, sich an den laufenden Betriebskosten des Digitalfunks zu beteiligen und Antennenstandorte mietfrei zur Verfügung zu stellen.3

Daraufhin hat der Freistaat im November 2012 das Sonderförderprogramm Digitalfunk erlassen und seitdem mehrfach, zuletzt mit Schreiben vom 22.11.2021 bis zum 31.12.2024, verlängert.

Damit soll die neue digitale Funktechnologie den nichtstaatlichen BOS einfacher und schneller zugänglich gemacht sowie deren Umstieg vom Analogfunk zum digitalen BOS-Funk unterstützt werden. Dazu wird die Erstbeschaffung von digitalen TETRA-Endgeräten zur Teilnahme am Betrieb des digitalen Sprech- und Datenfunksystems der BOS in Bayern in den Bereichen Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz gefördert.

Die Feuerschutzsteuer zählt zu den Ländersteuern und wird auf der Grundlage des bundesrechtlichen FeuerschStG erhoben. Die zweckgebundenen Einnahmen aus der Feuerschutzsteuer werden nach einem im FeuerschStG definierten Schlüssel auf die einzelnen Länder aufgeteilt. 2010 bis 2020 haben sich die jährlichen IST-Einnahmen für den Freistaat von 65 auf 87 Mio.€ erhöht. Im Bereich Brandschutz bestanden 2020 Ausgabereste aus der Feuerschutzsteuer in Höhe von 37,6 Mio.€. Da Ausgabereste, die auf solchen zweckgebundenen Einnahmen beruhen, haushaltsgesetzlich nicht dem Mitteleinzug unterliegen, stiegen die Reste im Laufe der Zeit stetig an.


46.2 Feststellungen


46.2.1 Sonderförderprogramm Digitalfunk


46.2.1.1 Zeitplan

In den Akten des Innenministeriums fand sich kein kontinuierlich fortgeschriebener Zeitplan hinsichtlich der Laufzeit, Umsetzung oder Abwicklung des Sonderförderprogramms. Aktiv durchgeführte, laufend fortgeschriebene Planungen oder Überlegungen des Innenministeriums, die sich z.B. auf die Zahl der Endgeräte, die Zahl der Förderanträge und Bewilligungsbescheide oder entsprechende Verfahrensstände bei den Förderbehörden gestützt hätten, konnten ebenfalls nicht vorgefunden werden.

Das Sonderförderprogramm Digitalfunk sieht vor, dass dieses bei Bedarf über den Zeitpunkt des Außerkrafttretens verlängert wird. Unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen ein solcher Bedarf gegeben sein kann, wird nicht näher ausgeführt. Gründe für die Notwendigkeit dieser Regelung waren in den Akten nicht dokumentiert. Den Akten war nicht entnehmbar, wie ein „Bedarf“, der die Verlängerung des Sonderförderprogramms erforderlich macht, definiert ist. Die Verlängerungsoption wurde bisher mehrfach in Anspruch genommen.

Die Abwicklung des Sonderförderprogramms deckt sich zeitlich nicht mit der Migrationsplanung der dafür eingesetzten Projektgruppe DigiNet. Diese Planung ist die Basis für die technische Migration von Analogfunk auf Digitalfunk. In Bayern wurde das TETRA-Netz für den digitalen BOS-Funk entsprechend der Planung Ende 2015 flächendeckend in Betrieb genommen und steht seit 2016 allen bayerischen BOS zur Verfügung.

In der Folge wurde die Förderung der digitalen Endgeräte, die dem Sprechfunk dienen, bis Ende 2019 weitestgehend abgeschlossen. Zur Beschaffung weiterer elektronischer Benachrichtigungsgeräte (Pager etc.) wurde die Sonderförderung vom Innenministerium bis zunächst 31.12.2024 verlängert. Eine zusätzliche Verlängerung wird vom Innenministerium derzeit nicht ausgeschlossen.


46.2.1.2 Haushaltsmittel

2010 bis 2020 wurden Haushaltsmittel in Höhe von 100 Mio.€ veranschlagt4 und davon 32,4 Mio.€ verwendet. Haushaltsmittel in Höhe von 67,6 Mio.€ wurden dagegen nicht verbraucht. Davon wurden 5,6 Mio.€ zur Deckung globaler Minderausgaben bei anderen Haushaltstiteln verwendet sowie 24,0 Mio.€ nach und nach durch das Finanzministerium eingezogen. Im Übrigen wurden jährlich Ausgabereste gebildet, die sich zum Jahresende 2020 auf 38,0 Mio.€ summierten. Ausgabereste erhöhen insoweit die Ausgabebefugnis.

Abbildung 20


Eine konkrete haushaltsmäßige Planung zur Abwicklung des Sonderförderprogramms durch das Innenministerium bestand von Anfang an nicht.


46.2.1.3 Anzahl förderfähiger Endgeräte

Im Sonderförderprogramm Digitalfunk von 2012 war u.a. die Anzahl der förderfähigen TETRA-Pager/Sirenensteuerempfänger enthalten. Diese richtete sich zunächst nach dem Bestand an analogen Geräten, die nachweislich 18 Monate vor Aufnahme des erweiterten Probebetriebs des jeweiligen Netzabschnitts vorhanden waren. Aus den vorgefundenen Kostenschätzungen des Innenministeriums geht eine Anzahl von insgesamt 105.498 Pagern und 10.239 Sirenensteuerempfängern (Stand: 23.10.2012) hervor.

Mit Schreiben des Innenministeriums vom 20.12.2019 wurde das Sonderförderprogramm Digitalfunk geändert, verlängert und insbesondere die Anzahl der förderfähigen TETRA-Pager/Sirenensteuerempfänger geändert. Diese richtet sich seither nach dem Bestand der zum 01.01.2019 nachweislich vorhandenen analogen Geräte.

Das Innenministerium ging 2019 aufgrund der Stichtagsänderung von einer Mehrung gegenüber der Regelung von 2012 um 37.210 Pager (+35%) und 976 Sirenensteuerempfänger (+10%) aus; entsprechend einem zusätzlichen Mittelbedarf von 22,6 Mio.€.

Weiter wurden 2019 zusätzlich 307 Sirenen in das Sonderförderprogramm aufgenommen, die bisher nicht für die Alarmierung der Feuerwehren vorgesehen waren. Dafür wurden zusätzliche Mittel von 0,67 Mio.€ eingeplant.

Ausschlaggebend für die Ausweitung des Sonderförderprogramms um Pager, Sirenensteuerempfänger und Sirenensteuergeräte waren lt. Aktenlage jeweils Anregungen des Landesfeuerwehrverbands bzw. der Arbeitsgemeinschaft der Berufsfeuerwehren in Bayern. Eine nähere Prüfung durch das Innenministerium war aus den Akten und auch aus dem weiteren Schriftverkehr zwischen ORH und Innenministerium nicht ableitbar.


46.2.2 Einbeziehung vorhandener Mittel aus der Feuerschutzsteuer

Im bayerischen Staatshaushalt sind die Einnahmen aus dem Aufkommen der Feuerschutzsteuer nachgewiesen.5

Tabelle 70


Wie aus der Tabelle 70 ersichtlich, liegt ein kontinuierlicher Zufluss und ein fast durchgängiges überplanmäßiges Wachstum beim Aufkommen aus der Feuerschutzsteuer vor. 2010 bis 2020 haben sich die jährlichen IST-Einnahmen von 65 auf 87 Mio.€ erhöht. Dies entspricht einem Anstieg um 34%.

Nach Art. 29 BayFwG ist das Aufkommen der Feuerschutzsteuer für die Aufgaben des Staates gem. Art. 3 BayFwG zu verwenden. Demnach fördert der Staat den Brandschutz und den technischen Hilfsdienst bei Gemeinden und Landkreisen und unterhält staatliche Landesfeuerwehrschulen. Die Haushaltsmittel für die Feuerwehrförderung werden insbesondere auf den Haushaltsstellen für „Zuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbänden zur Förderung von Fahrzeug und Gerätebeschaffung“6 und „Zuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbänden zur Förderung von Feuerwehrhäusern“7 nachgewiesen.

Tabelle 71


Wie aus der Tabelle 71 ersichtlich, wurden für die Feuerwehrförderung in den Jahren 2019 und 2020 insgesamt 51,0 Mio.€ bzw. 54,3 Mio.€ veranschlagt (SOLL). Haushaltstechnisch erhöht sich die Ausgabebefugnis der auf den Titeln veranschlagten Haushaltsmittel um den Betrag der Ausgabereste. Damit bestanden 2019 und 2020 jeweils Ausgabeermächtigungen in Höhe von 94 Mio.€. Es wurden 46,9 Mio.€ bzw. 53,7 Mio.€ ausgegeben (IST). Die Ausgabeermächtigung wurde somit jeweils nur zur Hälfte ausgeschöpft (Ist-Anteil).

Vor diesem Hintergrund schlug der ORH vor, die Mehrkosten, die im Bereich der Feuerwehr für die Förderung von Pagern und Sirenensteuergeräten bzw. die Ertüchtigung der Sirenen zur Warnung der Bevölkerung anfallen, aus dem Aufkommen der Feuerschutzsteuer bzw. aus den daraus vorhandenen Ausgaberesten zu finanzieren.

Das Innenministerium lehnte das im Juni 2022 für den Feuerwehrbereich aus folgenden Gründen ab: Die Einnahmen aus der Feuerschutzsteuer sowie der bestehende Ausgaberest würden über die Feuerwehrförderung hinaus vor allem für den Betrieb, den Unterhalt und den Ausbau der drei staatlichen Feuerwehrschulen verwendet. Ausbau der Infrastruktur und Modernisierung der Ausbildung seien im Rahmen des Projekts „Zukunft der Feuerwehrschulen“ 2009 bis 2014 in einem Masterplan festgelegt worden. Die Maßnahmen würden schrittweise umgesetzt. Für eine derzeit anstehende Großbaumaßnahme würden die Gesamtkosten 50,02 Mio.€ betragen. Diese und weitere im Masterplan noch vorgesehene Baumaßnahmen wären infrage gestellt oder müssten aus dem allgemeinen Staatshaushalt finanziert werden.

Das Finanzministerium teilte zeitgleich mit, dass es den Vorschlag des ORH begrüße und befürworte.


46.3 Würdigung und Empfehlungen


46.3.1 Sonderförderprogramm Digitalfunk

Eine zeitliche Planung für eine Sonderförderung von letztlich 100 Mio.€ hat für die Aufstellung des Staatshaushalts und die Aufstellung der Haushalte der Fördernehmer erhebliche Bedeutung. Die Prognosen für die Mittelabflüsse sollten daher bei technisch komplexen Fördergegenständen auch die technischen Rahmenbedingungen stärker einbeziehen und Projektverzögerungen zeitnah auch bei den Haushaltsplanungen berücksichtigen. Dies ist hier in keiner Weise geschehen.

Haushaltsmittel sind nach den Maßgaben der BayHO, insbesondere den Grundsätzen der Notwendigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, zu planen und Ausgabetitel entsprechend zu bewirtschaften. Ausgaben dürfen nur zu dem im Haushaltsplan bezeichneten Zweck, soweit und solange er fortdauert, und nur bis zum Ende des Haushaltsjahres geleistet oder in Anspruch genommen werden. Werden übertragbare Ausgabemittel im neuen Haushaltsjahr nicht mehr benötigt (z.B. auch weil sie dort erneut veranschlagt wurden) oder erscheint eine erneute Veranschlagung erst in einem späteren Haushaltsjahr zweckmäßig, ist von der Bildung von Ausgaberesten abzusehen.

Der ORH empfiehlt in diesem Zusammenhang, die Übertragung von Ausgaberesten auf eine fundierte und nachvollziehbare Planung und Steuerung des Sonderförderprogramms zu stützen und diese dem Finanzministerium im Verfahren zur Mittelübertragung auch detailliert mitzuteilen. Wenn Ausgabemittel nicht zeitnah benötigt werden, ist die Übertragung von Ausgaberesten haushaltsrechtlich nicht veranlasst. Bei den prognostizierten Mittelabflüssen sind bei komplexen Fördervorhaben die technischen Rahmenbedingungen laufend zu berücksichtigen und anzupassen.

Das zusätzliche Volumen des Sonderförderprogramms, das vollständig dem Feuerwehrbereich zuzuordnen und vom Innenministerium nicht näher geprüft worden ist, beträgt 23,3 Mio.€.


46.3.2 Einbeziehung vorhandener Mittel aus der Feuerschutzsteuer

Dem gesteigerten Mittelbedarf für den Digitalfunk, insbesondere bei Feuerwehren, stehen seit Jahren erhebliche Ausgabereste bei der Feuerschutzsteuer gegenüber. Das Finanzministerium begrüßt und befürwortet den Vorschlag des ORH, die Mehrkosten, die für die Förderung von Pagern und Sirenensteuergeräten bzw. die Ertüchtigung der Sirenen zur Warnung der Bevölkerung anfallen, aus dem Aufkommen der Feuerschutzsteuer bzw. aus den daraus vorhandenen Ausgaberesten zu finanzieren.

Das Innenministerium hat nicht schlüssig dargestellt, warum die Ausgaben für digitale Endgeräte der Feuerwehren nicht aus dem zweckgebundenen Aufkommen der Feuerschutzsteuer bestreitbar wären. Dafür reicht der Hinweis auf einen nicht verbindlichen, noch zu unkonkreten Masterplan nicht aus.


46.4 Stellungnahme der Verwaltung


46.4.1 Stellungnahme des Innenministeriums

Die vorgesehene Laufzeit des Sonderförderprogramms orientiere sich an der Migrationsplanung der Projektgruppe DigiNet (bzw. nun der Projektgruppe OV/ALR). Einen separaten Zeitplan darüber hinaus aufzustellen, sei nicht erforderlich und auch nicht sinnvoll. Das Innenministerium habe auf eine Reihe von Fördervoraussetzungen keinen Einfluss, dies hänge nicht nur von der physischen Bereitstellung der Fördergegenstände (z.B. Pager und Sicherheitskarte), sondern auch von der Möglichkeit deren zweckentsprechender Verwendung durch die Feuerwehren ab. Daher werde das Sonderförderprogramm so lange fortzuführen sein, bis die Verpflichtungen aus der Vereinbarung des Jahres 2009 erfüllt sein werden. Derzeit würden die Verträge mit den Herstellern Bereitstellungszeiträume bis 2029 vorsehen. Dass sich der Migrationsplan bei einem derartig umfassenden Projekt mit derart vielen Akteuren und sich ändernden Rahmenbedingungen kontinuierlich entwickle, sei unvermeidbar. Mit Verlängerungen des Sonderförderprogramms seien zeitliche Verschiebungen bei der Migration Rechnung getragen worden.

Auch bisher schon würden die Veranschlagungen auf nachvollziehbaren Planungen und Prognosen beruhen. In welchem Umfang sich diese Prognosen realisieren ließen und veranschlagte Mittel abfließen, hänge von einer Vielzahl an Faktoren ab, die nicht vom Innenministerium beeinflusst werden könnten, wie z.B. Verzögerungen bei der Einführung des Digitalfunks, insbesondere der digitalen Alarmierung, Marktverfügbarkeit und -preisen von Endgeräten, Lieferproblemen bei Endgeräten oder Sicherheitskarten, Beschaffungsverhalten der Zuwendungsempfänger und Zeitpunkt der Vorlage von Verwendungsbestätigungen.

Die Einnahmen aus der Feuerschutzsteuer sowie der bestehende Ausgaberest bei Kap. 0323 Tit 88301 würden benötigt, um neben der Feuerwehrförderung und Betrieb und Unterhalt der drei Staatlichen Feuerwehrschulen Geretsried, Regensburg und Würzburg auch deren Ausbau zur dringend erforderlichen Kapazitätserweiterung und Modernisierung der Ausbildung schrittweise umzusetzen; der Ausbau war im Projekt „Zukunft der Feuerwehrschulen“ 2009 bis 2014 gemeinsam auch mit den Interessenvertretungen der Feuerwehren erarbeitet und festgelegt worden. Zuletzt habe der Haushaltsausschuss des Bayerischen Landtags in seiner Sitzung am 24.11.2022 die Projektplanung für den Neubau eines Unterkunftsgebäudes mit 89 Einzelzimmern, Parkdeck und Wirtschaftsbereich an der Staatlichen Feuerwehrschule Geretsried mit einem Gesamtkostenvolumen von 68 Mio.€ freigegeben und den Planungstitel in einen Bautitel umgewandelt. Allein für die Umsetzung dieser Großmaßnahme würde zu den laufenden Einnahmen aus der Feuerschutzsteuer der Großteil des vorhandenen Ausgaberests benötigt. Für eine Finanzierung von digitalen Endgeräten aus der Feuerschutzsteuer bestünden daher keine finanziellen Spielräume.

Der Veranlassung des ORH, Ausgabereste konsequent einzuziehen, werde insoweit nach Abbau der nach Erbringung des Konsolidierungsbetrags 2022 noch vorhandenen Ausgabereste nachgekommen. Schon bisher seien Ausgabereste von insgesamt 38 Mio.€ eingezogen worden.

Mit dem Sonderförderprogramm erfülle der Freistaat seine Verpflichtung aus der Vereinbarung mit Kommunen und Sozialversicherungsträgern.8 Zweck und Ziel der Förderung seien erreicht, wenn entsprechend dieser Vereinbarung die Erstbeschaffung der für den Umstieg vom Analogfunk zur Teilnahme am digitalen BOS-Funk erforderlichen Endgeräte abgeschlossen sei. Die Festlegung weiterer Indikatoren sei daher nicht erforderlich.


46.4.2 Stellungnahme des Finanzministeriums

Die konsequente und vollständige Haushaltsveranschlagung der Fördermittel, die den kommunalen Spitzenverbänden durch den Finanz- und Innenminister betragsmäßig der Höhe nach sowie auch zeitlich „über sechs Jahre verteilt“ zugesagt worden war, 9sei - unabhängig von einem sich später erst abzeichnenden, geringeren Mittelabfluss - bereits aus politischen Gründen geboten gewesen.


Die bei der Endgeräteförderung seit Förderbeginn vorgenommene Finanzierung der Erstbeschaffung der digitalen BOS-Endgeräte der kommunalen Feuerwehren aus dem Staatshaushalt (und nicht aus der Feuerschutzsteuer) beruhe auf einer politischen Zusage des Staatsministers an den damaligen Landesfeuerwehrverbandsvorsitzenden aus dem Jahr 2009 im Zuge der Verhandlungen mit den Kommunen zur Beteiligung der nichtstaatlichen BOS an den Betriebskosten des BOS-Digitalfunks.


46.5 Schlussbemerkung

Der ORH verkennt nicht die Bedeutung und Tragweite des Umstiegs von der analogen auf die digitale Funktechnik und auch nicht den Beitrag, den die Kommunen und Sozialversicherungsträger leisten. Die Förderzusage der Staatsregierung ist ein wichtiger Baustein und steht nicht in Abrede.

Für das 2012 aufgelegte Sonderförderprogramm besteht bis heute kein Zeitplan für die Abwicklung der Förderung; der Abschluss ist offen. Selbst nach Auffassung des Innenministeriums wird die Förderung auf jeden Fall bis 2029 notwendig sein. Der ORH betont angesichts der vom Innenministerium unterstellten Zeitdauer daher die Notwendigkeit, den Mittelabfluss genauer zu steuern und nicht benötigte Ausgabereste zu vermeiden.

Von den in den Jahren 2010 bis 2020 veranschlagten 100 Mio.€ flossen tatsächlich nur 32,4 Mio.€ ab. Ende 2020 wurden immer noch hohe Ausgabereste von 38,0 Mio.€ übertragen. Das zeigt, dass die eingeplanten Haushaltsmittel deutlich unzutreffend waren. Aus Sicht des ORH wäre eine straffer konzipierte Förderung angezeigt gewesen, die zu einer realistischeren Planung und Steuerung der Haushaltsmittel geführt hätte. Künftig sollten im Interesse des allgemeinen Haushalts nicht mehr benötigte Ausgabereste konsequent eingezogen werden.

Außerdem standen Ende 2020 aus der Feuerschutzsteuer weitere Ausgabereste in Höhe von 37,6 Mio.€ zur Verfügung. Diese werden in den nächsten Jahren voraussichtlich weiter steigen. Selbst die fortschreitenden Vorbereitungen für den Neubau eines Unterkunftsgebäudes in der staatlichen Feuerwehrschule Geretsried ändern daran nichts. Offen bleibt, wann und in welcher Höhe hier größere Mittel abfließen werden, zumal sich die Fertigstellung von Bauprojekten dieser Größenordnung häufig nicht genau terminieren lässt.

Der ORH empfiehlt, beim Sonderförderprogramm für Feuerwehrzwecke vorrangig die zweckgebundenen Ausgabereste der Feuerschutzsteuer zu verwenden und die nicht mehr benötigten Ausgabereste des Sonderförderprogramms einzuziehen.



[1] Terrestrial Trunked Radio (TETRA).
[2] Siehe Sachstandsbericht zum Projekt Digitalfunk „JA zum Digitalfunk!“ vom Juli 2012, S. 05 - Veröffentlichung Landesfeuerwehrverband Bayern, abrufbar unter www.lfv-bayern.de/ueber-uns/veroffentlichungen.
[3] Die Kommunen und Sozialversicherungsträger haben bisher Zahlungen von insgesamt 63 Mio. € geleistet. Die Bereitstellung von Standorten für Funkmasten wird mit weiteren 21 Mio. € angerechnet.
[4] Summe der Haushaltstelle Kap. 0303 Tit. 88386 „Zuschüsse zur Erstausstattung der kommunalen Feuerwehren“ und der Haushaltsstelle Kap. 0303 Tit. 89486 „Zuschüsse zur Erstausstattung des Rettungsdiensts und der im Katastrophenschutz mitwirkenden Hilfsorganisationen“.
[5] Haushaltsstelle: Kap. 1301 Tit. 05901.
[6] Haushaltsstelle: Kap. 0323 Tit. 88301.
[7] Haushaltsstelle: Kap. 0323 Tit. 88302.
[8] Vgl. Fn. Nr. 2.
[9] Vgl. Fn. Nr. 2.