Jahresbericht 2023

TNr. 61 Jugendförderung und Förderung der landesweit tätigen Jugendverbände durch den Bayerischen Jugendring

Der Vollzug der Jugendförderung wurde dem Bayerischen Jugendring als übertragene Aufgabe zugewiesen. Der Freistaat finanziert diese vollständig aus Haushaltsmitteln. Förderrichtlinien dazu kann demnach nicht der Bayerische Jugendring, sondern nur das zuständige Sozialministerium erlassen.

Der Fördervollzug durch den Bayerischen Jugendring zeigte zahlreiche Mängel und haushaltsrechtliche Verstöße. Der ORH empfiehlt dem Sozialministerium, im Rahmen seiner Aufsichtspflicht den korrekten Fördervollzug des Bayerischen Jugendrings dauerhaft sicherzustellen.

Der ORH hat 2020/2021 zusammen mit dem Staatlichen Rechnungsprüfungsamt Regensburg die Basisförderung der Jugendarbeit von landesweit tätigen Jugendverbänden1 geprüft. Prüfungsmaßstab war vor allem deren Ordnungsmäßigkeit und die des Vollzugs durch den Bayerischen Jugendring (BJR), zudem die bestimmungsgemäße und wirtschaftliche Mittelverwendung bei den geförderten Jugendverbänden. Jugendförderprogramme aus anderen Ressorts wurden auf Überschneidungen verglichen, waren aber dabei nicht Gegenstand der Prüfung.

61.1 Ausgangslage

Das Sozialgesetzbuch enthält zur Kinder- und Jugendhilfe eine Verpflichtung, die eigenverantwortliche Tätigkeit von Jugendverbänden und Jugendgruppen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel zu fördern.2 Bayern erfüllt dies mittels Jugendförderprogrammen; dazu zählt seit 2013 bis heute die Basisförderung der Jugendarbeit von landesweit tätigen Jugendverbänden.

Das zuständige Staatsministerium kann nach dem Haushaltsrecht für einzelne Zuwendungsbereiche im Einvernehmen mit dem Finanzministerium und nach Anhörung des ORH Verwaltungsvorschriften (z.B. Förderrichtlinien) erlassen.

Bayern hat als überörtlicher Träger der Jugendhilfe den Vollzug von sechs Förderrichtlinien3im Zuständigkeitsbereich des Sozialministeriums übertragen, darunter die Basisförderung.4 Der BJR ist ein freiwilliger Zusammenschluss von Jugendverbänden und Jugendgruppen. Als anerkannter Träger der freien Jugendhilfe in Bayern hat er die Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts5 und ist Teil der mittelbaren Staatsverwaltung.6 Das BayKJHG7 übertrug ihm erstmals die staatlichen Aufgaben des überörtlichen Trägers der Jugendhilfe zur Besorgung im Auftrag des Staates. Dem BJR obliegt als für den verwaltungsmäßigen Vollzug beauftragte Bewilligungsstelle die Prüfung, Bewilligung und Verwendungsnachweisprüfung der Förderanträge.8 Zur Finanzierung dieser Aufgaben erhält der BJR regelmäßige staatliche Zuwendungen nach Maßgabe des Staatshaushalts.9

Das Sozialministerium führt die Rechtsaufsicht über den BJR. Bei übertragenen Staatsaufgaben wie beim Vollzug der Basisförderung obliegt dem Sozialministerium darüber hinaus die Fachaufsicht. Sie erstreckt sich auch auf die Ausübung des Verwaltungsermessens des BJR und schließt die Befugnis zur Erteilung von Weisungen ein.10

Um Basisförderung zu erhalten, ist lt. Förderrichtlinie eine Mitgliedschaft des jeweiligen Jugendverbands im BJR nicht erforderlich. Im Rahmen ihrer Jugendarbeit werden die Sach- und Personalausgaben für den Betrieb einer Geschäftsstelle, für die Beschäftigung von hauptamtlichem Fachpersonal, für Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Jugendarbeit sowie für Maßnahmen zur Partizipation von Kindern und Jugendlichen gefördert. Die Förderung wird als Projektförderung mit einer Festbetragsfinanzierung ausgereicht. Der maximale Fördersatz liegt bei 80% der zuwendungsfähigen Ausgaben.

Das Kultusministerium und das Landwirtschaftsministerium führten weitere Förderprogramme11 für einzelne Jugendverbände durch, die auch im Rahmen der Basisförderung Zuwendungen erhielten. Die Förderzwecke und -gegenstände überschnitten sich dabei teilweise weitgehend mit der Basisförderung.


61.2 Zuständigkeit für den Erlass von Richtlinien im Bereich Jugendförderung


61.2.1 Feststellungen

Die staatliche Richtlinie zur Basisförderung erließ 2013 das damals zuständige Kultusministerium; seit 2014 ist dafür das Sozialministerium zuständig. Es schrieb diese seitdem in Abstimmung mit den anderen Ministerien und nach Anhörung des ORH fort.

Bei der Fortschreibung dieser Richtlinie im November 2020 vertrat der BJR die Auffassung, dass ihm bei vom Staat übertragenen Aufgaben zur Jugendförderung auch über die Basisförderung hinaus generell die Entscheidung über den Inhalt der Förderrichtlinien zur Jugendarbeit selbst obliege. Die Zuständigkeit des BJR für Fragen der Förderung ergebe sich aus der ihm gem. Art. 32 Abs. 4 AGSG übertragenen Funktion und der eigenständigen Rechtspersönlichkeit als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Der BJR bezog sich dabei auch auf einen Beschluss des VGH12, wonach Jugendhilfeträger im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts berechtigt wären, eigene Förderrichtlinien zu erlassen. Die fortgeschriebene Richtlinie wurde dann ausschließlich den Mitgliedsverbänden des BJR auf der Internetseite des BJR im passwortgeschützten Mitgliederbereich zur Verfügung gestellt.

Ausgehend von dieser Auffassung hatte sich der BJR nicht aber das zuständige Sozialministerium mehrfach bei Verlängerungen von Förderrichtlinien unmittelbar an das Finanzministerium und den ORH gewandt. Das Finanzministerium hatte dies 2018 und 2019 wiederholt abgelehnt und im Dezember 2020 nochmals klargestellt: „Zuwendungen werden vom Freistaat Bayern gewährt. Für den Vollzug des Staatshaushalts sind die jeweiligen Fachministerien zuständig. In den vorliegenden Fällen ist der Bayerische Jugendring mit der Bewilligung beauftragt und somit die zuständige Förderverwaltung. Für den Erlass der Richtlinien in den o.g. Zuwendungsbereichen bleibt das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales als das fachlich zuständige Ministerium zuständig. Zum Erlass einer Richtlinie gehört auch, dass das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales die notwendigen Einwilligungen des Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat nach Art. 40 BayHO einholt.“

Der ORH hatte dem BJR und dem Sozialministerium 2018 und 2020 mitgeteilt, dass nach seiner Auffassung der Erlass von Richtlinien und die Anhörung nach Art. 103 BayHO bzw. die Herstellung des Einvernehmens nach Art. 44 BayHO dem zuständigen Fachressort als Teil der Staatsregierung obliege.

Das Sozialministerium teilte die Auffassung des Finanzministeriums und des ORH nicht. Es leitete zwar der Aufforderung des Finanzministeriums formal folgend die Richtlinien zu. Zugleich wies es aber weiter darauf hin, dass es sich um die Richtlinien des BJR handle und bestätigte lediglich deren fachaufsichtliche Prüfung.

Bei einer gemeinsamen Besprechung des Finanzministeriums, des Sozialministeriums, des ORH und des BJR am 30.03.2022 konnte hierzu kein Einvernehmen erzielt werden. Diese Besprechung war aufgrund des Antrags der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP13, der auf einen Appell von 26 Jugendverbänden folgte, initiiert worden.


61.2.2 Würdigung und Empfehlungen

Der ORH teilt die Position des Finanzministeriums zu diesen staatlichen Förderrichtlinien vollumfänglich. Nach Art. 55 Nr. 2 BV obliegt der Vollzug der Gesetze und Beschlüsse des Landtags der Staatsregierung und den einzelnen Staatsministerien, die zu diesem Zwecke die erforderlichen Ausführungs- und Verwaltungsverordnungen erlassen können. Demnach sind nach Haushaltsrecht14 Förderrichtlinien als Verwaltungsvorschriften durch das zuständige Staatsministerium zu erlassen.

Auch die Staatsregierung selbst geht in ihrem Kinder- und Jugendprogramm davon aus, dass der BJR ausschließlich mit der Verwaltung der Zuschüsse (Prüfung, Bewilligung, Verwendungsnachweisprüfung) betraut wurde.15 Aus der Gesetzesbegründung zum BayKJHG lassen sich keine Hinweise entnehmen, dass bei der Aufgabenübertragung auch ministerielle Befugnisse, wie die Richtlinienkompetenz, eingeschlossen sein könnten. Vielmehr heißt es dort, dass die zentralen Aufgaben der Förderung und Weiterentwicklung der Jugendhilfe nach § 82 Abs. 1 SGB VIII beim zuständigen Fachressort verbleiben sollen.16 Dies entspricht auch der jetzigen Rechtslage im AGSG.17

Es bleibt also originäre Aufgabe des Sozialministeriums als Teil der Staatsregierung, auch die Förderprogramme selbst festzulegen und dazu Richtlinien zu erlassen. Der BJR kann in diesen Prozess zwar eingebunden werden, jedoch mit staatlichen Haushaltsmitteln finanzierte Förderrichtlinien keinesfalls selbst beschließen. Dem widerspricht auch nicht der vom BJR vorgebrachte Beschluss des VGH18, der ausdrücklich nicht die innerstaatliche Kompetenzverteilung geprüft hat.

Zudem unterhalten auch andere Ressorts Jugendförderprogramme. Um der Gefahr von Doppelförderungen zu begegnen, bedarf es einer interministeriellen Abstimmung und Abgrenzung von Förderbereichen.19 Dies lässt sich nur zwischen den beteiligten Ministerien bewältigen.

Vornehmlich bei der Basisförderung ist sicherzustellen, dass alle potenziell Förderberechtigten über die Fördermodalitäten informiert sind, auch wenn sie nicht BJR-Mitglieder sind. Nur so kann die Einhaltung des Gleichheitsgrundsatzes gewährleistet werden.

Das Sozialministerium sollte daher in Zukunft die aus seinem Budget finanzierten Förderrichtlinien seines Geschäftsbereichs zur Jugendarbeit selbst erlassen bzw. fortschreiben und öffentlich bekanntgeben.


61.3 Verwaltungsvollzug der Basisförderung


61.3.1 Feststellungen

Der ORH hat bei 33 Jugendverbänden alle 99 in den Jahren 2017 bis 2019 mit 19,1 Mio.€ geförderten Maßnahmen gesichtet und bei 13 repräsentativ ausgewählten Jugendverbänden 39 Maßnahmen vertieft geprüft.


61.3.1.1 Weiterleitung der Zuwendung

Wenn ein Zuwendungsempfänger eine geförderte Maßnahme nicht ausschließlich selbst ausführt und dafür Teile der Zuwendung weiterleitet, darf er das nur mit Genehmigung zur Weiterleitung der Zuwendung20 im Zuwendungsbescheid einschließlich vom Zuwendungsempfänger zu beachtenden Maßgaben. Das soll gewährleisten, dass auch der Letztempfänger die Zuwendung entsprechend den Anforderungen des Zuwendungsbescheids verwendet und dabei alle Vorgaben einhält. Dazu zählen insbesondere die ordnungsgemäße Belegführung, die korrekte Vergabe von Aufträgen und der sog. Verwendungsnachweis.21

Der BJR förderte mehrere Jugendverbände als Dachverbände, die mehrere rechtlich eigenständige landesweit tätige Jugendverbände unter ihrem Dach vereinen. Dabei wählte er als alleinigen Adressaten des Zuwendungsbescheids den jeweiligen Dachverband bzw. Jugendverband aus. In keinem der geprüften Zuwendungsbescheide in den Förderjahren 2017 bis 2019 hatte der BJR eine Genehmigung zur Weiterleitung erteilt.

Tatsächlich leiteten dann die Dachverbände Teile der Zuwendung formlos an ihre Mitgliedsverbände weiter, um deren Personal- und Sachausgaben zu fördern. Auch zwei Jugendverbände, die selbst keine Dachverbände sind, leiteten Teile der Zuwendung weiter.

Wegen fehlender Weiterleitungsgenehmigungen einschließlich vom Zuwendungsempfänger zu beachtenden Maßgaben waren nur die Dachverbände und Jugendverbände an die Auflagen, Bedingungen und Nebenbestimmungen, insbesondere die Einhaltung der ANBest-P, gebunden, an die sich der Bescheid gerichtet hat.


61.3.1.2 Anträge für Anschlussvorhaben

Grundsätzlich dürfen Zuwendungen zur Projektförderung nach dem im Haushaltsrecht geltenden Subsidiaritätsgrundsatz nur für solche Vorhaben bewilligt werden, die noch nicht begonnen wurden.22

Eine Ausnahme besteht bei Vorhaben, die ohne wesentliche Änderung der Bewilligungs-voraussetzungen erneut beantragt werden (Anschlussvorhaben).23 Für diese ist der Zuwendungsantrag rechtzeitig vor Beginn des Anschlussvorhabens einzureichen. Bereits begonnene Vorhaben dürfen auf keinen Fall gefördert werden.

Die vom BJR geförderten Maßnahmen betrafen regelmäßig Anschlussvorhaben von Jugendverbänden. Dabei war das Kalenderjahr als Bewilligungszeitraum vorgegeben. Tatsächlich erfolgte die Antragstellung der Zuwendungsempfänger beim BJR immer jeweils im laufenden Bewilligungsjahr, zumeist bis Ende März, oftmals nach Fristverlängerung auch später. Der BJR erstellte anschließend die Zuwendungsbescheide und genehmigte damit nachträglich einen zurückliegenden Beginn des Bewilligungszeitraums vom 01.01. bis zum 31.12. des Bewilligungsjahres.


61.3.1.3 Prüfung der Verwendungsnachweise

Der Nachweis über die Verwendung der Zuwendung wurde im Förderverfahren als einfacher Verwendungsnachweis24 ausgestaltet. Dabei wird grundsätzlich auf die Vorlage von Belegen verzichtet. Im zahlenmäßigen Nachweis werden die Einnahmen und Ausgaben somit rein summarisch ohne Darstellung einzelner Ausgabepositionen zusammengestellt.25

Nach Haushaltsrecht sind alle Verwendungsnachweise nach deren Eingang im Rahmen einer Vollständigkeits- und Plausibilitätsprüfung daraufhin zu untersuchen, ob nach den darin enthaltenen Angaben Anhaltspunkte für die Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs gegeben sind. Dabei sind insbesondere der Sachbericht und der zahlenmäßige Nachweis auf Schlüssigkeit zu überprüfen. Über diese kursorische Prüfung hinaus sollte nach Haushaltsrecht eine stichprobenweise Auswahl von Zuwendungsfällen vertieft geprüft werden. Dazu müssen stichprobenweise Belege angefordert werden.26 Seit 01.03.2021 sind vertiefte Prüfungen der Verwendungsnachweise ausnahmslos verpflichtend vorgesehen, die jedoch im Regelfall auf eine Stichprobe begrenzt werden soll.27

Der BJR führte bei keiner der 99 Fördermaßnahmen im Zeitraum 2017 bis 2019 eine vertiefte Prüfung der Verwendungsnachweise durch und forderte keinerlei Belege an.

Eine sorgfältige vertiefte Stichprobenprüfung von Verwendungsnachweisen dient der Kontrolle, ob Fördermittel zweckentsprechend, wirtschaftlich und sparsam verwendet werden. Bei der vertieften Stichprobenprüfung von Verwendungsnachweisen sind unabhängig von der Finanzierungsart jedenfalls in Einzelfällen zwingend Belege anzufordern. Sie ist zudem Voraussetzung dafür, dass Schwachstellen im Vollzug erkannt werden und Zuwendungsempfänger entsprechend sanktioniert sowie diszipliniert werden können.

Die vom ORH vorgenommene Belegprüfung bei 39 Maßnahmen von 13 Jugendverbänden führte zu zahlreichen Beanstandungen:

Weihnachts- und Jahresabschlussfeiern, sonstige Betriebsfeiern und Betriebsausflüge für Mitarbeiter dürfen aufgrund des zu beachtenden Besserstellungsverbots28 nicht gefördert werden. Dieses gebietet, Zuwendungsempfänger nicht über das in der staatlichen Verwaltung zulässige bzw. übliche Maß zu bevorzugen. Bei Bewilligungen von Zuwendungen sind die gleichen strengen Maßstäbe anzuwenden, die auch für die Verwaltung gelten.29 Daher sind nach der Förderrichtlinie touristische Unternehmungen, Erholungs- und Unterhaltungsveranstaltungen von der Förderung ausgeschlossen.


Beispiel:

Mindestens 5 Jugendverbände ließen sich ihre Weihnachts- bzw. Jahresabschlussfeiern und/oder Betriebsausflüge fördern. Davon wendete ein Jugendverband rd. 9.000€ für seine Jahresabschlussfeier 2019 auf. 5 der 13 Jugendverbände haben touristische Aktivitäten bzw. die Teilnahmen an Unterhaltungsveranstaltungen abgerechnet. Ein Jugendverband hat z.B. in den Jahren 2017 bis 2019 jeweils die für die Teilnahme einzelner seiner Mitglieder an einer Karnevalsveranstaltung in Köln angefallenen Fahrt- und Übernachtungsausgaben abgerechnet.

Ausgaben für Geschenke, Gutscheine und die Teilnahme an Unterhaltungsveranstaltungen sind nach den Grundsätzen der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung30 für die Erfüllung des Zuwendungszwecks nicht erforderlich und können ebenso nicht gefördert werden.


Beispiel:

Bei 10 der 13 Jugendverbände ergab die Stichprobenprüfung die Förderung von Ausgaben für Geschenke und Gutscheine. 2018 ließ sich ein Jugendverband Tankgutscheine im Gesamtwert von 960€ fördern.

Fortbildungen müssen für die berufliche Tätigkeit notwendig i.S.d. Art. 6 BayHO sein und dem Gebot der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung der Zuwendungen genügen. Fortbildungen, die überwiegend der privaten Lebensführung und Interessen von Mitarbeitern (Fortbildungen im Ausland mit Erholungscharakter) zuzuschreiben sind, erfüllen diese Voraussetzungen nicht.


Beispiel:

Mindestens 3 der 13 Jugendverbände haben Ausgaben für nicht förderfähige Fortbildungsveranstaltungen abgerechnet. Ein Jugendverband rechnete z.B. über 1.000€ für die Teilnahme eines Beschäftigten an der Fortbildung „Aus-Zeit in der Toskana“ (Zeit finden - Entspannung erfahren - Resilienz stärken) ab.

Die Förderung des Erwerbs von BahnCards darf nur erfolgen, wenn er für die Abrechnung förderfähiger Zugfahrten wirtschaftlich ist.


Beispiel:

Bei 3 Jugendverbänden wurden BahnCards abgerechnet und gefördert, die gar nicht oder nur unwirtschaftlich genutzt wurden. So hat ein Jugendverband für das Jahr 2017 die BahnCard eines Beschäftigten in Höhe von 255€ abgerechnet, obwohl der Beschäftige ausschließlich mit dem Pkw reiste. Ein anderer Jugendverband hat die BahnCard einer ehrenamtlich Tätigen im Kalenderjahr 2018 und 2019 für jeweils 62€ bezahlt. Laut den Reisekostenbelegen wurde keine einzige Fahrt mit der Bahn abgerechnet.


61.3.2 Würdigung und Empfehlungen

Die Vollzugspraxis des BJR verstößt gegen geltendes Haushaltsrecht.


61.3.2.1 Weiterleitung der Zuwendung

Aufgrund durchwegs fehlender Weiterleitungsgenehmigungen einschließlich vom Zuwendungsempfänger zu beachtenden Maßgaben waren in allen Fällen die zweckentsprechende Verwendung sowie die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der von den Letztempfängern getätigten Ausgaben nicht sichergestellt.


61.3.2.2 Anträge für Anschlussvorhaben

Bei Anschlussvorhaben müssen die Anträge zwingend vor dem Beginn des beabsichtigten Bewilligungszeitraums gestellt werden. Bereits begonnene Vorhaben dürfen auf keinen Fall gefördert werden.


61.3.2.3 Prüfung der Verwendungsnachweise

Eine sorgfältige Verwendungsnachweisprüfung dient auch dazu, Schwachstellen im Fördervollzug festzustellen. Besondere Bedeutung hat dies in Fällen wie der Basisförderung, bei der geförderte Maßnahmen und der Kreis der Zuwendungsempfänger über die Jahre gleich bleiben. Die Fülle der Beispiele belegt deutliche Verstöße gegen die Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit: Es gab viele Ausgaben, die nicht zuwendungsfähig und nicht erforderlich waren. Da der BJR die Verwendungsnachweisprüfung unterlassen hat, konnte er eine jahrelange Fehlentwicklung nicht feststellen und unterbinden.


61.4 Stellungnahme des Sozialministeriums und des Bayerischen Jugendrings

Das Sozialministerium und der BJR vertreten die Auffassung, dass der BJR aufgrund der Aufgabenübertragung nach Art. 32 AGSG und § 32 AVSG zum Erlass von Förderrichtlinien im Rahmen seines Selbstverwaltungsrechts als eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts berechtigt sei. Laut Sozialministerium werde dies durch den Wortlaut von Art. 32 Abs. 7 AGSG bestätigt, der nicht ausdrücklich regeln würde, dass die Ausarbeitung von Förderrichtlinien beim Ministerium liegen müsse. Das Ministerium sei im Übrigen nicht dazu verpflichtet, über die BJR-Richtlinien hinaus, selbst Richtlinien zu erlassen. Einziger Zuwendungsempfänger sei der BJR, für den die wesentlichen Rahmenbedingungen im Bescheid zur Genehmigung dessen Haushaltsplans geregelt werden könnten. Es handle sich um Förderprogramme des BJR und nicht des Sozialministeriums. Eine Aushebelung der verfassungsrechtlich zugeschriebenen Richtlinienkompetenz durch das geschilderte Verfahren erfolge nicht, da das Sozialministerium die BJR-Richtlinien fach- und rechtsaufsichtlich überprüfe und damit selbst die Steuerungshoheit ausübe. Der Gefahr einer Mehrfachförderung solle durch eine entsprechende Klausel in der Richtlinie begegnet werden.

Die Aufnahme von Regelungen zur Weiterleitung der Zuwendung werde künftig in die Zuwendungsbescheide aufgenommen.

Hinsichtlich des vorzeitigen Vorhabenbeginns sei bei der nächsten Änderung der Richtlinien (geplant zum 01.01.2023) vorgesehen, dass der Antrag bis zum 31.10. des Vorjahres zu stellen sein werde. Die Vollzugpraxis sei bereits umgestellt worden.

Den Ausführungen des ORH zur Prüfung der Verwendungsnachweise werde insoweit inhaltlich zugestimmt, dass eine stichprobenartige Prüfung von Förder- und Fachprogrammen vorgenommen werden müsste. Allerdings müsse noch mit dem BJR geklärt werden, wie dies vor dem Hintergrund einer angespannten Personalsituation praktisch umgesetzt werden könne.


61.5 Schlussbemerkung

Angesichts der festgestellten schwerwiegenden Mängel sind Verbesserungen im Vollzug der Basisförderung längst überfällig. Der ORH empfiehlt dem Sozialministerium, seiner Aufsichtspflicht stringent nachzukommen und den korrekten Fördervollzug des BJR dauerhaft sicherzustellen.

Die Förderung der Jugendarbeit, die der BJR als übertragene Aufgabe vollzieht, finanziert der Freistaat vollständig aus staatlichen Haushaltsmitteln. Förderrichtlinien dazu darf nach Auffassung des ORH ausschließlich das zuständige Sozialministerium erlassen, nicht aber der BJR. Die Zuständigkeit zum Erlass von Richtlinien, die der Staatsregierung verfassungsrechtlich zugeschrieben ist, kann keinesfalls ausgelagert bzw. mit einer bloßen aufsichtsrechtlichen Überprüfung letztlich aus der Hand gegeben werden.



  [1]  Richtlinien zur Förderung der landesweit tätigen Jugendverbände zur Erfüllung ihrer Aufgaben im konzeptionellen, organisatorischen, jugendpolitischen und verwaltungsmäßigen Bereich (Basisförderung) 2017 bis 2020.
[2] §§ 11, 12 SGB VIII i. V. m. § 74 SGB VIII.
[3] Basisförderung; Richtlinien zum Ersatz von Verdienstausfall; Rahmenrichtlinien zur Förderung der Aus- und Fortbildung von ehrenamtlichen Jugendleiterinnen und Jugendleitern, von Jugendbildungsmaßnahmen und von Jugendbildungsmaßnahmen mit größerem Teilnehmendenkreis; Rahmenrichtlinien Fachprogramme; Richtlinien zur Förderung von Einrichtungen der Jugendarbeit und Förderung von Fachkräften bei Jugendbildungsstätten.
[4] § 85 Abs. 2 SGB VIII i. V. m. § 85 Abs. 5 SGB VIII, Art. 24 Abs. 1 AGSG, Art. 32 Abs. 4 AGSG, § 32 Abs. 1 AVSG.
[5] Art. 32 Abs. 1 AGSG sowie § 1 der Satzung des Bayerischen Jugendrings.
[6] LT-Drs. 12/10454 vom 09.03.1993, S. 34 Nr. 19.1.
[7] Art. 19 Abs. 4 BayKJHG i. V. m. § 85 Abs. 2 SGB VIII.
[8] S. 65 Kinder- und Jugendprogramm der Bayerischen Staatsregierung - Fortschreibung 2013.
[9] Art. 32 Abs. 7 Satz 1 AGSG.
[10] Art. 32 Abs. 6 Satz 1 AGSG, LT-Drs. 12/10454 vom 09.03.1993, S. 34 ff. Nr. 19.7.
[11] Richtlinien für die Förderung der Jugendarbeit im Bayerischen Trachtenverband e. V., Bek. des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 15.03.2017 Az. K5251/9/69 (KWMBl. S. 83); Richtlinie zur Förderung der Landjugendorganisationen, Bek. des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 07.10.2019 Az. A1-7130-1/94 (BayMBl. Nr. 424); Richtlinie für Zuwendungen aus der Fischereiabgabe, Bek. des Bayerischen Staatsministeriums für Landwirtschaft und Forsten vom 18.05.2004 Az. L 4-7997.2-362 (AllMBl. S. 238).
[12] VGH Bayern, Beschluss vom 15.04.2014 Az. 12 ZB 14.561.
[13] LT-Drs. 18/19548 vom 07.12.2021 berichtigt 25.01.2022.
[14] VV Nr. 16.3 zu Art. 44 BayHO.
[15] Vgl. Fn. 8.
[16] LT-Drs. 12/10454 vom 09.03.1993, S. 34 ff. Nr. 19.5.
[17] Art. 32 Abs. 4 Satz 4 AGSG, Art. 29 AGSG i. V. m. § 82 Abs. 1 SGB VIII.
[18] Vgl. Fn. 12, dort Rz. 5 und 20.
[19] Nr. 4.7 der Grundsätze für die Ordnung staatlicher Förderprogramme, Anlage 1 zu den Organisationsrichtlinien, Bek. der Bayerischen Staatsregierung vom 06.11.2001, Beilage zu StAnz Nr. 50, AllMBl. S. 634, zuletzt geändert durch Bek. der Bayerischen Staatsregierung vom 18.12.2018, BayMBl. 2019 Nr. 6.
[20] VV Nr. 4.2.9 i. V. m. Nr. 13.1 zu Art. 44 BayHO.
[21] Vgl. ANBest-P.
[22] VV Nr. 1.3 Satz 1 zu Art. 44 BayHO.
[23] VV Nr. 1.3 Satz 2 zu Art. 44 BayHO.
[24] VV Nr. 10.2 zu Art. 44 BayHO, Nr. 6.1.5 ANBest-P a. F. (gültig: 01.01.2017 bis 28.02.2021).
[25] Nr. 6.1.5 ANBest-P a. F. (gültig: 01.01.2017 bis 28.02.2021).
[26] VV Nr. 11 zu Art. 44 BayHO a. F. (gültig: 01.01.2017 bis 28.02.2021).
[27] VV Nr. 11.2 zu Art. 44 BayHO.
[28] Nr. 1.3 ANBest-P.
[29] Vgl. Nr. 5.12.4 Satz 1 HvR 2017 bis 2020, Nr. 4.12.6 HvR 2021 bzw. Nr. 4.13.3 Satz 1 HvR 2022.
[30] Nr. 1.1 ANBest-P.