TNr. 63 Gewährung von Vorhaltepauschalen für Privatkliniken

Der ORH hat Ende 2021 bis August 2022 zusammen mit den Staatlichen Rechnungsprüfungsämtern Regensburg und Würzburg die Umsetzung der Richtlinie über die Gewährung von Vorhaltepauschalen geprüft. Privatkliniken erhielten diese für die Freihaltung von Kapazitäten zur Bekämpfung der Corona-Pandemie 2020. Prüfungsmaßstab waren die Ordnungsmäßigkeit der Richtlinie und die Beachtung von Notwendigkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bei der Gewährung dieser Billigkeitsleistungen.
63.1 Ausgangslage
Am 16.03.2020 war ein landesweiter Katastrophenfall ausgerufen worden, um mit allen zur Verfügung stehenden Kräften die Bekämpfung des Coronavirus in einem täglichen 24 Stunden-Schichtbetrieb aufzunehmen.1 Nach einer Bund-Länder-Besprechung vom 12.03.20202 setzte Bayern die Verschiebung planbarer medizinischer Eingriffe in Krankenhäusern mittels dreier Allgemeinverfügungen um:
- Die erste Allgemeinverfügung des Gesundheitsministeriums vom 19.03.20203 zur Verschiebung elektiver Eingriffe und geplanter Behandlungen in Krankenhäusern trat am 20.03.2020 in Kraft. Demnach mussten Krankenhäuser, soweit medizinisch vertretbar, bis auf Weiteres alle planbaren Behandlungen zurückstellen oder unterbrechen, um möglichst umfangreiche Kapazitäten für die Versorgung von COVID-19-Patienten freizumachen. Diese Vorhaltepflicht erstreckte sich auch auf Privatkliniken.
- Die zweite Allgemeinverfügung4 des Innen- und des Gesundheitsministeriums zur Bewältigung erheblicher Patientenzahlen in Krankenhäusern trat am 25.03.2020 in Kraft. Sie erlegte den Krankenhäusern sowie den Privatkliniken weitere Pflichten zur Mithilfe auf. Neben Vorgaben zur Organisation der Krankenhausbelegung, Melde- und Koordinierungspflichten, wurden insbesondere Pflichten zur Schaffung zusätzlicher Behandlungskapazitäten auferlegt. Dies betraf laut Allgemeinverfügung5 sowohl die Organisation des notwendigen Personals als auch zusätzliche räumlich-technische Kapazitäten. Somit wurde die Vorhaltepflicht erweitert; besonderes Augenmerk war auf zusätzliche Beatmungsplätze zu legen.
- Mit Inkrafttreten der dritten Allgemeinverfügung des Innen- und des Gesundheitsministeriums vom 08.05.20206 am 09.05.2020 endete - bis auf wenige Ausnahmen - die Vorhaltepflicht für Privatkliniken. Weiterhin bestehen blieben die Meldepflichten und die organisatorischen Maßnahmen.
Das Landesamt für Pflege (LfP) war für den Vollzug der Richtlinie zuständig. Privatkliniken sind Krankenhäuser mit einer Konzession nach § 30 Abs. 1 Satz 1 GewO, die weder in den Krankenhausplan Bayerns aufgenommen sind noch über Versorgungsverträge mit den Krankenkassen verfügen. Diese konnten für den Leistungszeitraum ab dem 25.03.2020 bis drei Wochen nach der Entlassung aus der Vorhaltepflicht8 für jeden nicht behandelten Patienten eine Vorhaltepauschale in Höhe von 280€ pro Tag und freigehaltenem Bett beantragen. Diese nach der RL bewilligte Vorhaltepauschale beinhaltet einen Pflegeentgeltwert von 185€ pro Tag und vorgehaltenem Bett. Daneben enthält der Pauschalbetrag einen Zuschlag für Kosten der Patientenverwaltung von 15,00€ sowie einen pauschalen COVID-19-Zuschlag von 80,00€.
Grundlage der Berechnung der Vorhaltepauschale war die Differenz zwischen der Zahl der am jeweiligen Tag im Leistungszeitraum stationär behandelten Patienten und dem Referenzwert aus dem Jahr 2019; dieser entsprach der Zahl der Patienten, die im Jahresdurchschnitt 2019 pro Tag tatsächlich voll- oder teilstationär privat behandelt wurden. Die Vorhaltepauschale verringert sich um den Betrag, den Begünstigte hinsichtlich desselben Tatbestands im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie vorrangig vergütet erhalten oder als Ausgleichszahlung nach einem anderen (Hilfs-)Programm in Anspruch nehmen können.9
63.2 Feststellungen
Zum Zeitpunkt der Prüfung waren 61 Anträge gestellt und 48 Bewilligungsbescheide ergangen sowie Vorhaltepauschalen in Höhe von 12 Mio.€ geleistet worden. Alle 61 Fallakten der im Geltungszeitraum der Richtlinie aufgelaufenen Anträge wurden gesichtet. Von den 48 Bewilligungen prüfte der ORH im Rahmen einer repräsentativen Stichprobe 13 vertieft.
63.2.1 Bestimmtheit und Definition der Begünstigten
Begünstigte waren Privatkliniken. Nach der Härtefallregelung konnten unter bestimmten Voraussetzungen auch sonstige Kliniken und Krankenhäuser begünstigt werden:10 Deren Anteil an Klinikbetten ausschließlich für Privatpatienten musste einen so erheblichen Teil der Gesamtbettenzahl der Klinik im Verhältnis zu den zugelassenen Betten ausmachen, dass sie ihrem Gepräge nach wie eine reine Privatklinik zu bewerten waren.
Außer der erforderlichen Konzession nach § 30 GewO waren keine Anforderungen an die Rechtsform oder an eine erforderliche Mindestausstattung der Privatklinik festgelegt. Das LfP hatte deshalb beim Vollzug der Richtlinie festgelegt, dass begünstigte Privatkliniken unabhängig von Größe und Ausstattung eine eigenständige Rechtsform besitzen mussten. Andernfalls war die Härtefallregelung angewendet worden, wonach eine Vorhaltepauschale nur möglich war, wenn der Anteil der Klinikbetten ausschließlich für Privatpatienten das Klinikgepräge dominierte.
Bei den 13 Bewilligungen ergab sich, dass teilweise einzelne Stationen (v.a. Privatstationen) innerhalb zugelassener Plankrankenhäuser als Privatkliniken mit Konzession in Form von Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit geführt wurden; deswegen waren diese nach den eigenen Festlegungen des LfP zur RL begünstigt.
Beispiele:
In einem Plankrankenhaus wurde eine Privatklinik auf einer Station mit 14 Betten geführt und erhielt hierfür eine Vorhaltepauschale in Höhe von 98.145,60€. Eine weitere Privatklink erhielt als einzelne Station mit lediglich vier Betten ebenfalls eine Vorhaltepauschale. Sie beschäftigte kein eigenes pflegerisches Personal; dieses wurde nach Bedarf aufgrund eines mit dem Träger des Plankrankenhauses geschlossenen Dienstleistungsvertrags gestellt.
63.2.2 Kurzarbeitergeld
Nach den drei Allgemeinverfügungen waren Privatkliniken in der Zeit vom 20.03. bis 09.05.2020 zur ständigen Bereithaltung von Kapazitäten für die akutstationäre Versorgung verpflichtet. Um ihren Regelbetrieb wieder aufnehmen zu können, sollten sie die Vorhaltepauschalen für weitere drei Wochen erhalten. Privatkliniken waren darüber hinaus verpflichtet, ihre personellen und räumlichen Kapazitäten auszubauen.11 Sie sollten alle geeigneten Mittel einsetzen, um sich personell zu verstärken, z.B. durch den Einsatz von Medizinstudenten, von im Ruhestand befindlichem Personal oder durch Unterbrechung von Elternzeiten.12
8 von 13 Privatkliniken bezogen im genannten siebenwöchigen Zeitraum der Vorhaltepflicht neben den Vorhaltepauschalen auch Kurzarbeitergeld. Eine der 13 Kliniken hat das dem LfP im Rahmen ihres Antrags gemeldet, ohne dass das LfP hierzu gefragt hatte.
Beispiele:
Eine Privatklinik schickte 63% ihrer Beschäftigten im April und Mai 2022 in Kurzarbeit. Sie erhielt dafür Kurzarbeitergeld von über 147.000€ und daneben eine Vorhaltepauschale von 1,35 Mio.€. Eine weitere Klinik sandte alle Mitarbeiter bis auf die beiden Geschäftsführer in Kurzarbeit und schloss im Zeitraum der Vorhaltepflicht den Klinikbetrieb. Auch diese erhielt eine Vorhaltepauschale von über 328.000€. Auch die anderen sechs Privatkliniken reduzierten ihre Personalausgaben, indem sie 20 bis 75% ihrer Beschäftigten in Kurzarbeit schickten. Sie erhielten Vorhaltepauschalen zwischen 88.000€ und 1,74 Mio.€, insgesamt 3,45 Mio.€.
63.2.3 Sonstige Kompensationsleistungen
Billigkeitsleistungen wie sie nach der RL ausgereicht wurden sind nach Art. 53 BayHO freiwillige Leistungen des Staates, auf die kein Anspruch besteht, die aber aus Gründen staatlicher Fürsorge zum Ausgleich oder der Milderung von Schäden und Nachteilen gewährt werden. Sie sind nachrangig gegenüber anderen Ausgleichs- oder Schadensersatzansprüchen, wenn der Schaden oder Nachteil auf andere Weise ersetzt wird.13 Die RL14 sah deshalb eine Anrechnung von vorrangingen Vergütungen oder Ausgleichszahlungen nach anderen (Hilfs-)Programmen vor.
Bei der Prüfung der vorrangigen Coronahilfen beschränkte sich das LfP auf die Abfrage von bundesrechtlichen Ansprüchen nach KHG15, SGB V16 und SodEG17. Der Bezug von Kurzarbeitergeld, sonstige landesrechtliche Hilfeleistungen oder Versicherungsleistungen wurden vom LfP über die Antragsformulare nicht abgefragt.
Beispiele:
Zwei Privatkliniken waren über einen Teil des Zeitraums der Vorhaltepflicht komplett geschlossen, da sich ein Großteil der Mitarbeiter in Quarantäne begeben musste. Beide hatten für diesen Zeitraum bereits Leistungen aus einer privaten Betriebsschließungsversicherung erhalten. Die eine Klinik erhielt für den Zeitraum vom 20.03. bis 06.04.2020 Versicherungsleistungen in Höhe von 325.000€. Zugleich gewährte das LfP dieser Klinik für den Zeitraum vom 25.03. bis 30.05.2020 eine Vorhaltepauschale über einen Gesamtbetrag von über 411.000€. Für die andere Klinik war ab dem 19.03. bis 16.05.2020 ein Aufnahmestopp verfügt, da es bei Patienten und Mitarbeitern zur Übertragung von COVID-19-Infektionen innerhalb der Klinik gekommen war. Für die Privatbetten war für die im Leistungszeitraum liegenden Tage knapp 135.000€ von der Versicherung geleistet worden. Das LfP bewilligte auch in diesem Fall eine Vorhaltepauschale von 1,74 Mio.€.
Weitere Hilfen hatte das Wirtschaftsministerium an Privatkliniken nach den Richtlinien für die Unterstützung der von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV 2) geschädigten Unternehmen und Angehörigen Freier Berufe („Soforthilfe Corona“)18 schon zuvor ausgereicht.
Beispiel:
Eine weitere Privatklinik erhielt aus der „Soforthilfe Corona“ eine Billigkeitsleistung von 15.000€ und zusätzlich eine Vorhaltepauschale von 227.178€. Diese Klinik bezog zudem im gleichen Zeitraum Kurzarbeitergeld.
63.2.4 Referenzwert
Zur Berechnung des Referenzwerts wurde den Antragstellern eine vorgefertigte und mit Formeln hinterlegte Datei zur Verfügung gestellt, in der die Anzahl der im Referenzjahr 2019 insgesamt an Privatpatienten geleisteten Behandlungstage eingetragen werden konnte. Zum Nachweis der Berechnungsdaten konnten die Antragsteller beglaubigte Auszüge aus einer Bilanz oder einem Geschäftsjahresbericht mit entsprechenden Angaben bzw. eine Bestätigung einer für die Klinik tätigen zentralen Abrechnungsstelle für Privatpatienten, eines Steuerberaters oder eines staatlich geprüften Wirtschaftsprüfers vorlegen. Falls entsprechende Nachweise nicht möglich waren, wurden als Ultima Ratio auch eidesstaatliche Versicherungen zugelassen.
Bei 21 der 48 bewilligten Anträge wurden die Referenzwerte ohne Nachweise im Rahmen eidesstattlicher Versicherungen gemeldet. Nachfragen des LfP, warum hierfür keine Nachweise übermittelt wurden, gab es bei keinem Antrag. Dem ORH gegenüber legten mehrere Privatkliniken ihre Belegungsstatistiken vor. 7 von 13 der näher geprüften Kliniken (54%) hatten danach den Referenzwert zu hoch angegeben.
Beispiele:
Zwei Privatkliniken hatten auch Begleitpersonen von behandelten Patienten mit in die Zahl der Belegungstage einbezogen. Eine dieser Kliniken hatte 1.439 Behandlungstage von Begleitpersonen einberechnet. Dies erhöhte nach Berechnung des ORH die Vorhaltepauschale je nach tatsächlicher Belegung um bis zu 73.914,40€.19
63.3 Würdigung und Empfehlungen
63.3.1 Bestimmtheit und Definition der Begünstigten
Auf Grundlage von Nr. 3 der RL erhielten rechtlich eigenständige als Privatklinik geführte Krankenstationen Vorhaltepauschalen nach der RL, ohne dass eine Härtefallprüfung nach Nr. 3 Satz 2 RL vorgenommen wurde. Einzelne Stationen eines Krankenhauses sind aber weder funktional noch wirtschaftlich eigenständig und sollten nach Ansicht des ORH keine Vorhaltepauschalen erhalten. Denn diese Privatkliniken nutzen die Funktionsbereiche des „angrenzenden“ Plankrankenhauses, wie beispielsweise dessen Intensivstation, mit. Plankrankenhäuser können aber bereits Ausgleichleistungen des Bundes erhalten.20 Das alleinige Differenzierungskriterium einer eigenständigen Rechtsform war daher aus Sicht des ORH nicht geeignet, um für die Vorhaltepflicht einen adäquaten finanziellen Nachteilsausgleich zu erreichen. Vielmehr wären zusätzlich zur eigenständigen Rechtsform weitere Anforderungen an einen funktional und organisatorisch eigenständigen Klinikbetrieb zu stellen gewesen.
63.3.2 Kurzarbeitergeld
Der ORH sieht im zusätzlichen Bezug von Kurzarbeitergeld einen Verstoß der Privatkliniken gegen die ihnen durch die Allgemeinverfügungen auferlegten Verpflichtungen. Das Bereithalten und der Ausbau vorhandener Kapazitäten waren nicht erfüllt, wenn sich so große Teile des Personals in Kurzarbeit befanden und damit nicht innerhalb kürzester Zeit zur Pandemiebekämpfung zur Verfügung stehen konnten. Generell sollten Privatkliniken nur dann Vorhaltepauschalen nach der RL erhalten, wenn und soweit diese auch ihren Verpflichtungen aus den Allgemeinverfügungen tatsächlich nachgekommen sind.
Der ORH sieht daher den gleichzeitigen Bezug der Vorhaltepauschale und des Kurzarbeitergeldes äußerst kritisch: Schließlich beinhaltete die Entschädigungspauschale in Höhe von 280€ pro Tag und freigehaltenem Bett zu einem wesentlichen Anteil auch die Personalkosten des Pflegepersonals. Im Übrigen hatte auch die Bundesagentur für Arbeit Krankenhäuser i.S.d. KHG wegen der vergleichbaren Ausgleichszahlungen des Bundes vom Kurzarbeitergeld ausgenommen.21
63.3.3 Sonstige Kompensationsleistungen
Eine adäquate Schadens- und Nachteilsermittlung fand hinsichtlich sonstiger Kompensationsleistungen nicht statt, was Mehrfachbegünstigungen ermöglichte. Dem Wesen der Billigkeitsleistung wurde damit nicht Rechnung getragen. Überkompensationen konnten nicht wirksam ausgeschlossen werden. Aufgrund der Nachrangigkeit von Billigkeitsleistungen hätten bei der Bestimmung des Nachteilsumfangs zum Bewilligungszeitpunkt auch die Ausgabenentwicklung und alle sonstigen Hilfeleistungen der Antragsteller für den Vorhaltezeitraum einbezogen werden müssen. Damit wäre nach Ansicht des ORH eine vorausgehende Ressortabstimmung erforderlich gewesen, um Mehrfachleistungen bei Kliniken auszuschließen, die eine Wirtschaftshilfe aus den Richtlinien „Corona-Soforthilfe“ des Wirtschaftsministeriums erhalten haben.
63.3.4 Referenzwert
Schon nach dem Wortlaut der RL hätten Begleitpersonen nicht in die Referenzwertermittlung einbezogen werden dürfen, da sie nicht zu den privaten Patienten zählen, die tatsächlich behandelt wurden. Begleitpersonen von gesetzlich Versicherten werden den Krankenhäusern mit einer Tagespauschale von 45€ für den Aufenthalt ohne Behandlung vergütet.22 Eine Gleichsetzung der Begleitpersonen mit behandelten Patienten, die mit einer Tagespauschale von 280€ vergütet werden, widerspricht dem haushaltsrechtlichen Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit. Im Übrigen bezog auch der Bund die Vergütung von Begleitpersonen im Rahmen seiner Hilfeleistungen23 nicht mit ein.
Je höher der errechnete Referenzwert war, desto höher war die nach der RL ausgereichte Vorhaltepauschale. Insofern lag es durchaus im vorhersehbaren Interesse der Antragsteller, einen hohen Referenzwert zu erzielen. Um zu hoch bemessene Vorhaltepauschalen wirksam zu vermeiden, hätte das LfP beim Referenzwert besonders intensiv prüfen müssen. Der ORH hält eine nochmalige Überprüfung der Referenzwerte für erforderlich und empfiehlt, dabei ggf. bei den übermäßig Begünstigten auch finanzielle Konsequenzen zu ziehen.
63.4 Stellungnahme der Verwaltung
Die Ausführungen des ORH zur Definition der Begünstigten werden geteilt. Die Regelung in der Richtlinie sei grundsätzlich im Sinne der Ausführungen des ORH gedacht gewesen; allerdings in der Bestimmtheit ggf. nicht hinreichend formuliert. Das Gesundheitsministerium habe nur wenige Daten über die Ausstattung und Leistungsfähigkeit der Privatkliniken mit einer Konzession nach § 30 GewO in Bayern zur Verfügung, weil die Zuständigkeit für die Erteilung der Konzessionen bei den Regierungen und Landratsämtern liege. Das Gesundheitsministerium prüfe, ob eine Zentralisierung des Verfahrens zur Erteilung der Konzessionen nach § 30 GewO für Privatkliniken erfolgen solle.
Aufgrund der umfangreichen Beanstandungen des ORH sei entschieden worden, dass alle Privatkliniken, die Vorhaltepauschalen erhalten hätten, vom LfP nachgehend bis Ende 2023 geprüft werden. Insbesondere werden der Bezug von Kurzarbeitergeld, die sonstigen Kompensationsleistungen und die Referenzwerte nochmals bei den Kliniken abgefragt und nötigenfalls korrigiert. Bezüglich der Corona-Soforthilfen werde das LfP die für den Vollzug zuständigen Behörden informieren und um dortige Prüfung etwaiger Rückforderungen in eigener Zuständigkeit bitten.
63.5 Schlussbemerkung
Der ORH hält die beabsichtigte Prüfung der Zentralisierung des Verfahrens zur Erteilung der Konzessionen für Privatkliniken auf geeigneter Ebene für dringend geboten. Damit könnten wichtige Informationen für das Gesundheitsministerium an einer Stelle gebündelt werden.
Bei der Gewährung von Vorhaltepauschalen für Privatkliniken kam es in vielen Fällen zu deutlichen finanziellen Überkompensationen. Gründe dafür waren der zu unbestimmte Kreis der Begünstigten, Doppel- oder Dreifachzuwendungen aus unterschiedlichen Hilfsprogrammen und Kurzarbeitergeld oder eine unzureichende Feststellung der tatsächlichen Nachteile von Privatkliniken. Der ORH empfiehlt, dies bei künftigen Hilfeleistungen in Notlagen von vornherein auszuschließen.
Angesichts der umfangreichen Beanstandungen nimmt der ORH zur Kenntnis, dass das Gesundheitsministerium zusammen mit dem LfP die Defizite aufarbeiten will. Dazu empfiehlt er, ggf. auch finanzielle Konsequenzen zu ziehen.
[1] Broschüre „92 Tage Katastrophenfall - Corona-Pandemie in Bayern“ des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration vom August 2020, abrufbar unter https://www.bestellen.bayern.de.
[2] Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 12.03.2020, abrufbar unter https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/beschluss-zu-corona-1730292, abgerufen am 30.01.2023.
[3] Bek. des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 19.03.2020 Az. G24-K9000-2020/125, BayMBl. 2020 Nr. 151.
[4] Bek. des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration sowie des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 24.03.2020 Az. D4-2484-2-7 und G24-K9000-2020/134, BayMBl. 2020 Nr. 164.
[5] Ebenda; Nr. 3.2 Sätze 2 und 3.
[6] Bek. des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration sowie des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 08.05.2020 Az. D4-2484-2-7 und G24-K9000-2020/134, BayMBl. 2020 Nr. 253.
[7] Bek. des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 03.06.2020 Az. G21c-K9000-2020/133-25, BayMBl. 2020 Nr. 318.
[8] Grundsätzlich endete am 09.05.2020 die Vorhaltepflicht der Privatkliniken nach § 30 GewO mit Inkrafttreten der Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration und des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 08.05.2020, sodass sich überwiegend ein Leistungszeitraum vom 25.03. bis 30.05.2020 ergab.
[9] Nr. 11 RL.
[10] Nr. 3 RL.
[11] Nr. 3.2 der Allgemeinverfügung vom 24.03.2020, vgl. Fn. 4.
[12] Vgl. Fn. 4 Begründung zu Nr. 3 der Allgemeinverfügung vom 24.03.2020.
[13] Vgl. z. B. VV Nr. 1 und 2.2.2 zu § 53 BHO.
[14] Nr. 11 RL.
[15] § 21 KHG.
[16] § 111d SGB V.
[17] § 3 SodEG.
[18] Bek. des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie über die Richtlinien für die Unterstützung der von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) geschädigten Unternehmen und Angehörigen Freier Berufe („Soforthilfe Corona“) vom 17.03.2020 Az. 52-3560/33/1, BayMBl. Nr. 156, ber. Nr. 268), die zuletzt durch Bek. vom 22.11.2021 Az. 37-3509/121/1, BayMBl. Nr. 885 geändert worden ist.
[19] 1.439 Belegungstage dividiert durch 365 Kalendertage ergibt 3,94 Patienten pro Tag. Die 3,94 Patienten wurde pro Tag mit 280 € entschädigt (3,94 multipliziert mit 280 € und 67 Belegungstagen im Leistungszeitraum 25.03. bis 30.05.2020).
[20] COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz.
[21] Kurzarbeitergeld an Leistungserbringer im Gesundheitswesen, Weisung 202005005 vom 07.05.2020 der Bundesagentur für Arbeit, Gz. GR 22 - 75095).
[22] Der Aufenthalt von Begleitpersonen bei Krankenhäusern, die in den Krankenhausplan des Freistaates aufgenommen sind, und Krankenhäusern mit Versorgungsvertrag nach § 109 SGB V können über Zuschläge als Tagespauschale von bis zu 45 € abgerechnet werden (Vereinbarung von Zuschlägen für die Aufnahme von Begleitpersonen nach § 17b Abs. 1 Satz 4 KHG).
[23] Vgl. Fn. 20.