Jahresbericht 2023

TNr. 60 Energiekenndaten staatlicher Gebäude

Energiekenndaten von 9.000 staatlichen Gebäuden dienen als Indikator für deren wirtschaftlichen Betrieb. Mangelnde Datenqualität sowie Defizite bei Planung, Ausführung und Betrieb der technischen Anlagen führen häufig zu Energieverschwendung. Der Energieverbrauch wurde unzureichend erfasst und selten ausgewertet; Funktionskontrollen fehlten häufig, selbst krasse Fehler wurden über Jahre nicht behoben.

Die Staatliche Hochbauverwaltung selbst hält ein Energieeinsparpotenzial von 10 bis 20% durch Anwendung eines Energiecontrollings für realistisch. Der ORH empfiehlt dringend, alle staatlichen Gebäude zu überprüfen und Einsparpotenziale konsequent zu nutzen.

Der ORH hat 2019 bis 2022 zusammen mit dem Rechnungsprüfungsamt Regensburg die Energiekenndaten ausgewählter staatlicher Gebäude, die zwischen 2011 und 2017 fertiggestellt wurden, geprüft. Energiekenndaten liefern Informationen zum Betriebszustand technischer Anlagen sowie zum Verbrauch der Medien Wärme, Kälte und Strom. Sie dienen als Indikator für einen wirtschaftlichen Gebäudebetrieb. Prüfungsmaßstab waren die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, insbesondere unter Berücksichtigung der Haushaltsvollzugsrichtlinien. Diese nehmen seit über 20 Jahren inhaltsgleich Bezug auf eine Bekanntmachung des Finanzministeriums von 1980 zur Energieeinsparung im öffentlichen Bereich, insbesondere bei den Dienststellen des Freistaates.1


60.1 Ausgangslage

Rund 40% der klimaschädlichen Treibhausgase in Deutschland entstehen aus der Herstellung, Errichtung, Modernisierung, Nutzung und dem Betrieb von Wohn- und Nichtwohngebäuden in Deutschland einschließlich vor- und nachgelagerter Prozesse wie Herstellung von Baustoffen sowie Abbruch und Recycling.2 Auch für staatliche Liegenschaften kommt dem effizienten Umgang mit Energie erhebliche Bedeutung wegen der aktuellen regionalen, aber auch globalen energie- und klimapolitischen Zielsetzungen und Konflikte - Klimawandel, steigende Energiekosten, Folgen des Ukrainekriegs etc. - zu.

Das Bayerische Klimaschutzgesetz setzt das Ziel einer klimaneutralen Staatsverwaltung bis zum Jahr 2030. Dazu nennt es ausdrücklich Energieeinsparung, effiziente Bereitstellung, Umwandlung und Nutzung von Energie. Der Freistaat soll dabei durch seine Behörden und Einrichtungen der unmittelbaren Staatsverwaltung eine Vorbildfunktion wahrnehmen.3

Der Freistaat verfügt über einen Bestand von rd. 9.000 Gebäuden4. Deren Planung, Bau und Betrieb müssen nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit erfolgen. Alle Grundbesitz bewirtschaftenden Dienststellen sowie die Staatlichen Bauämter (StBÄ) sind dazu verpflichtet, geeignete Maßnahmen zur Energieeinsparung umzusetzen.

Im 7. Energiebericht der Bayerischen Staatlichen Hochbauverwaltung von 2015 ging das Bauministerium (ehemals Oberste Baubehörde) davon aus, dass alleine durch die konsequente Anwendung eines Energiecontrollings Energieeinsparquoten zwischen 10 und 20% zu erzielen wären.5 Das bedeutet eine kontinuierliche Beobachtung geeigneter Kenngrößen mit dem Ziel einer Begrenzung des Energieverbrauchs. Daneben lassen sich z.B. durch den 5-Punkte-Maßnahmenplan zur Senkung des Energieverbrauchs in der Staatsverwaltung6 darüber hinausgehende Energieeinsparungen erreichen.


60.2 Feststellungen

2019 bezogen die staatlichen Liegenschaften 1,967 Mio. MWh Wärme und 0,968 Mio. MWh Strom. Die Kosten für den Wärmebezug betrugen 111,9 Mio.€ und für den Strombezug 194,4 Mio.€. Für 2019 beliefen sich die Gesamtausgaben für Energie somit auf 306 Mio.€. Bezogen auf die Energiekosten 2019 ergibt sich bei Einsparquoten von 10 bis 20% rechnerisch ein Einsparpotenzial von jährlich ca. 30 bis 60 Mio.€.

Der ORH wählte für seine Querschnittsprüfung aus 92 staatlichen Hochbaumaßnahmen, die in den Jahren 2011 bis 2017 fertiggestellt worden sind, 19 Baumaßnahmen für eine detaillierte Prüfung aus, die das breite Spektrum staatlicher Gebäude abbilden. Zusätzlich wurden Feststellungen von 6 weiteren Baumaßnahmen berücksichtigt, die Gegenstand früherer Prüfungen des ORH waren.7

Die Haushaltsvollzugsrichtlinien legen fest, dass Aufzeichnungen über die tatsächlichen Verbrauchsmengen von Wärme und Strom zu führen sind. Durch ständiges Beobachten dieses Verbrauchs und Auswertung der Daten sollen Abweichungen rechtzeitig erkannt und wirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs eingeleitet werden.


60.2.1 Aufzeichnung der Energieverbräuche in zentralen Datenbanken

Die Energieverbrauchswerte sind von den Grundbesitz bewirtschaftenden Dienststellen bis spätestens 30. Juni des Folgejahres im Energie- und Medien-Informationssystem (EMIS) bereitzustellen. Im Interesse eines effektiven Energiemanagements sind geeignete Zähleinrichtungen für die einzelnen Gebäude einer Liegenschaft sukzessive nachzurüsten, auch dann, wenn diese nicht über eine eigene Wärmeversorgungsanlage verfügen. Ziel der Datenerfassung ist, die Überwachung des Energieverbrauchs und der Energiesparmaßnahmen als Daueraufgabe zu erleichtern.

EMIS überträgt die Energieverbrauchsdaten an die Fachdatenbank Hochbau (FDH), in der die Gebäudedaten aller staatlichen Liegenschaften erfasst werden. Die FDH enthält als zentrales Bestandsregister neben den Energieverbrauchsdaten Angaben zu den Energieerzeugungsanlagen und Energiekenndaten staatlicher Gebäude. Die Energiekenndaten beschreiben den energetischen Status eines Gebäudes; deren Auswertungen können Hinweise zu betrieblichen und technischen Optimierungsmaßnahmen mit dem Ziel eines wirtschaftlichen Gebäudebetriebs geben. Die Zuständigkeit für die Datenerfassung und Datenpflege in der FDH liegt bei den StBÄ.

Bei keiner der 25 geprüften Maßnahmen waren die erforderlichen Eintragungen in EMIS bzw. der FDH bezüglich der Energiekenndaten, Energieerzeugungsanlagen und der Energieverbrauchsdaten vollständig. Bei zwei Gebäuden fehlten die Eintragungen gänzlich.

Bei 13 Gebäuden waren die Angaben, teilweise unvollständig; nur bis zum Jahr 2017 oder 2018 eingetragen. In mehreren Fällen wurde der Strom-, nicht jedoch der Heizenergieverbrauch eingetragen. Teilweise wurden Verbrauchswerte für Strom und Wärme unvollständig und nur für einzelne Jahre eingetragen.

Beispiel:

Bei einer Technischen Hochschule wurden die Verbrauchsdaten der fünf neuesten Gebäude8 von der Grundbesitz bewirtschaftenden Dienststelle nicht in EMIS erfasst. Sie teilte vielmehr den Gesamtverbrauch von Strom und Wärme aller zwölf Gebäude mit einem festen Verteilschlüssel auf die sieben älteren Gebäude auf. Die tatsächlichen Verbräuche der einzelnen Gebäude blieben jahrelang unbekannt.


60.2.2 Energiemonitoring und Energiecontrolling

Energiemonitoring stellt die kontinuierliche Erfassung des Energie- und Medienverbrauchs eines Gebäudes dar. Im Rahmen des Energiecontrollings werden die erfassten Verbrauchsdaten ausgewertet, um die Energieeffizienz eines Gebäudes und seiner technischen Anlagen bewerten und Einsparpotenziale identifizieren zu können. Anhand der Ergebnisse werden Maßnahmen abgeleitet, um Energieverluste zu minimieren und die Energieeffizienz zu verbessern.

Die Grundbesitz bewirtschaftenden Dienststellen führten kein standardisiertes Energiemonitoring durch. Teilweise erfolgte das Ablesen der Gebäudedaten automatisiert in unterschiedlichen Intervallen. Teilweise wurden die Daten monatlich oder jährlich vor Ort ausgelesen und schriftlich aufgezeichnet. Mehrfach wurden die Verbrauchsdaten automatisiert und gleichzeitig manuell ausgelesen.

In den geprüften Gebäuden war oftmals eine große Anzahl von Energie- und Medienzählern vorhanden. Teilweise wurden die Verbrauchsdaten dieser Zähler beim Energiemonitoring nicht erfasst oder die Systematik zur Auswertung der erfassten Verbrauchsdaten im Rahmen des Energiecontrollings war nicht festgelegt.

Bei 24 der 25 geprüften Maßnahmen konnte kein durchgängiges Energiecontrolling festgestellt werden. Eine Auswertung der Verbrauchsdaten erfolgte meist nur anlassbezogen, um die Ursachen von offensichtlichen Störungen zu beheben.

Beispiel:

In einem Behördenzentrum gibt es ca. 140 Energie- und Medienzähler zur Erfassung der Verbräuche von Wärme, Kälte und Strom. Detaillierte Informationen zu Struktur, Aufgaben und Art der Erfassung der unterschiedlichen Zähler lagen nicht vor. Der überwiegende Teil der Zähler übermittelte Daten automatisch, ein Teil wurde manuell abgelesen und in eine separate Softwareumgebung eingetragen. Für zwei Gaskessel waren zum Zeitpunkt der ORH-Prüfung keine Gaszähler vorhanden, sodass der Gasverbrauch dieser Kessel unbekannt war.


60.2.3 Anlagenmonitoring und Anlagencontrolling

Während mithilfe des Energiemonitorings die Energieverbrauchsdaten und die Verteilung der Energie im Gebäude betrachtet werden, ist Ziel des Anlagenmonitorings festzustellen, ob die geplante Leistung der technischen Anlagen und deren wirtschaftlicher Betrieb tatsächlich erreicht wird. Dazu werden die in der Planung festgelegten Betriebszustände, Prüfgrößen und Daten der einzelnen technischen Anlagen eines Gebäudes regelmäßig erfasst. Das Anlagencontrolling umfasst die Auswertung dieser Daten, um Fehlfunktionen und von der Planung abweichende Betriebsweisen zu erkennen.

Bei 24 der 25 geprüften Maßnahmen konnte kein systematisches und durchgehendes Anlagencontrolling festgestellt werden. In den meisten Fällen wurden zwar umfangreiche Daten in der Gebäudeautomation, also der automatisierten und integrierten Überwachung und Steuerung der Gebäudetechnik, erfasst. Die Daten wurden aber nicht ausgewertet und nicht dazu genutzt, um bei offensichtlich fehlerhaften oder vom Soll-Zustand abweichenden Werten Optimierungsmaßnahmen zu ergreifen und die Effizienz der Anlagen zu verbessern.

Beispiel:

Bei dem o.g. Behördenzentrum sollten Erdsonden im Sommer die bei der Kälteerzeugung entstehende Abwärme aufnehmen und im Winter als Wärmequelle für den Wärmepumpenbetrieb dienen. Die aufgezeichneten Betriebsdaten der technischen Anlagen zeigten, dass aufgrund einer Fehlprogrammierung die für Heiz- und Kühlbetrieb vorgesehene Wärmepumpe in den Sommermonaten nicht nur die Serveranlagen kühlte, sondern der größte Teil der Kälteleistung über Erdsonden an das Grundwasser abgegeben wurde. Die Fehlprogrammierung wurde aufgrund fehlender Datenauswertung vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme 2017 bis zur örtlichen Erhebung des ORH 2021 nicht erkannt und führte zu einer ineffizienten und unwirtschaftlichen Betriebsweise.


60.2.4 Probebetrieb und Funktionskontrollen

Vor Übergabe eines Gebäudes an die Grundbesitz bewirtschaftende Dienststelle findet ein Probebetrieb mit gewerkeübergreifenden Funktionskontrollen statt. Dabei werden die Funktionen der einzelnen technischen Anlagen eines Gebäudes, wie etwa Heizung, Lüftung oder Elektroanlagen, und ihre gegenseitigen Wechselwirkungen überprüft. Voraussetzung ist die Erfassung und Auswertung ihrer Betriebs- und Verbrauchsdaten. Auf Grundlage der Daten können die technischen Anlagen optimiert und ein wirtschaftlicher Betrieb erreicht werden.

Bei 24 der 25 geprüften Fälle konnten keine Nachweise über systematische und umfassende gewerkeübergreifende Funktionskontrollen vorgelegt werden.

Beispiel:

Der Erweiterungsbau einer Hochschule wurde mit einer Kälteerzeugungsanlage mit ca. 215 kW Nennkälteleistung errichtet. Der Kältebedarf der Lüftungsanlagen und der Kühlgeräte der Hörsäle und Labore beschränkte sich auf die Monate April bis Oktober. Ausschließlich der IT-Raum hatte ganzjährig einen Kälteleistungsbedarf von ca. 7 kW. Für diesen musste aus technischen Gründen die gesamte Kälteerzeugung mit 215 kW Leistung auch für die Monate November bis März in Betrieb gehalten werden; die Möglichkeit einer zeitweise reduzierten Kälteleistung war nicht eingeplant. Mangels Probebetrieb und gewerkeübergreifender Funktionskontrollen wurde dieses planerische Defizit von Beginn der Gebäudenutzung an nicht erkannt.


60.2.5 Optimierung im Betrieb

Zur Reduzierung des Energieverbrauchs sollen die Grundbesitz bewirtschaftenden Dienststellen Maßnahmen zur Optimierung im Betrieb durchführen. Dazu passen sie die Betriebsparameter an ihren tatsächlichen nutzerspezifischen Bedarf an und stellen die Funktion der technischen Anlagen sicher.

Bei den örtlichen Erhebungen stellte der ORH in mehreren Fällen erhebliche Funktionsmängel an den technischen Anlagen fest, die insbesondere auf die fehlende oder nicht ausreichende Betriebsoptimierung zurückzuführen waren.

Beispiel:

Der Neubau eines Amtsgerichts wurde im Passivhausstandard geplant und 2016 in Betrieb genommen. Nach Abschluss der Baumaßnahme wurde zur Verfolgung der Wirkungsweise der technischen Anlagen und des Gebäudeklimas ein Ingenieurbüro mit einem Passivhaus-Monitoring über drei Jahre beauftragt. Die Monitoringberichte zeigten zahlreiche Mängel an der Regelung der Gebäudetechnik und am Monitoring selbst auf: In den Sommermonaten bestand trotz hoher Außentemperaturen ein erheblicher Wärmeverbrauch, dessen Ursache lt. den Berichten nicht festgestellt werden konnte; es gab einen hohen Kälteverbrauch in den Wintermonaten bei gleichzeitigem Wärmebetrieb. Bis zum Abschlussbericht 2020 wurde trotz einer dreijährigen Betrachtungszeit aufgrund zahlreicher Mängel an der Regelungstechnik nur ein zusammenhängender Zeitraum von 12 Monaten von Dezember 2017 bis November 2018 erfasst: Der Kälteverbrauch überstieg in diesem Jahr den berechneten Bedarf um 1.635%, der Wärmeverbrauch um 74%. Es wurde also ständig geheizt und gleichzeitig gekühlt. Festgestellte Mängel bei der Regelung der Gebäudetechnik wurden teilweise selbst nach Abschluss des Monitoringzeitraums nicht abgestellt und ein unwirtschaftlicher Betrieb fortgeführt.


60.3 Würdigung und Empfehlungen

Allein durch qualifiziertes Energiecontrolling ließen sich Jahr für Jahr erhebliche Millionenbeträge einsparen. Durch die Energiepreissteigerungen, insbesondere seit 2021, und den zunehmenden Einfluss der Kohlenstoffdioxid-Bepreisung wird sich das Einsparpotenzial bei Energiekosten in den nächsten Jahren voraussichtlich noch deutlich erhöhen. Das erfordert deutlich größere staatliche Anstrengungen beim Energiesparen.


60.3.1 Aufzeichnung der Energieverbräuche in zentralen Datenbanken

Die Erfassung der Energiekenndaten über EMIS und FDH weist erhebliche Mängel auf. Die haushaltsrechtliche Vorgabe, die Energieverbräuche aller staatlichen Gebäude zu überwachen und daraus Energiesparmaßnahmen abzuleiten, kann durch eine derart fehler- und lückenhafte Datenpflege nicht erreicht werden. Eine vollständige und zuverlässige Datenpflege in EMIS und der FDH ist entscheidende Voraussetzung für die Auswertung von Energiekenndaten und deshalb unverzüglich sicherzustellen.


60.3.2 Energiemonitoring und Energiecontrolling

Beim Energiemonitoring und beim Energiecontrolling bestehen erhebliche Defizite. Der Einbau von Energie- und Medienzählern in die technischen Anlagen und Gebäude sowie die Integration in die Gebäudeautomation verursachen erhebliche Kosten. Dieser hohe technische Standard wird jedoch nicht ausreichend dazu genutzt, um mittels systematischer Auswertungen ein qualifiziertes Energiecontrolling zu betreiben und so Einsparpotenziale zu erkennen. Die Grundbesitz bewirtschaftenden Dienststellen haben zusammen mit den StBÄ sicherzustellen, dass die Verbrauchsdaten systematisch gemeldet und ausgewertet werden.


60.3.3 Anlagenmonitoring und Anlagencontrolling

Anlagenmonitoring und -controlling müssen grundsätzlich bei allen staatlichen Gebäuden feste Funktionsbestandteile der Gebäudeautomation, also der automatisierten und integrierten Überwachung und Steuerung der Gebäudetechnik, sein. Die festgestellten Mängel führen regelmäßig zu einem unwirtschaftlichen Betrieb der technischen Anlagen, der in Einzelfällen krass ausfällt. Deshalb sollte bereits in der Planung das Konzept für Anlagenmonitoring und -controlling festgelegt und im weiteren Verlauf der Baumaßnahme umgesetzt werden. Weiter empfiehlt der ORH, die Grundbesitz bewirtschaftenden Dienststellen umfassend in die Anwendung des Anlagencontrollings einzuweisen und entsprechend zu schulen.


60.3.4 Probebetrieb und Funktionskontrollen

Die technischen Anlagen eines Gebäudes sind ohne Probebetrieb und gewerkeübergreifende Funktionskontrolle regelmäßig mit Funktionsmängeln behaftet. Die festgestellten Funktionsmängel führen zu unnötigem Energieverbrauch und letztlich reduzierter Energieeffizienz.Der ORH empfiehlt, bei allen Neubau- und Sanierungsmaßnahmen im Rahmen eines Probebetriebs gewerkeübergreifende Funktionskontrollen durchzuführen und ggf. erforderliche Maßnahmen zu veranlassen.


60.3.5 Optimierung im Betrieb

Bei den Baumaßnahmen des Freistaates finden systematische Betriebsoptimierungen der technischen Anlagen regelmäßig nicht statt. Die Grundbesitz bewirtschaftenden Dienststellen und die StBÄ beachten die haushaltsrechtlichen Vorgaben zur fortlaufenden Überprüfung auf mögliche Einsparungen nur unzureichend. Die Überwachung der technischen Anlagen beschränkt sich in vielen Fällen auf die Vermeidung und Beseitigung von Fehlermeldungen, jedoch nicht auf einen dauerhaft energieeffizienten und wirtschaftlichen Betrieb. Die Grundbesitz bewirtschaftenden Dienststellen sind dringend aufgefordert, die haushaltsrechtlichen Vorgaben in engem Zusammenwirken mit den StBÄ konsequent umzusetzen.


60.4 Stellungnahme der Verwaltung

Das Bauministerium begrüßt die Prüfung des ORH, da die Anmerkungen in vielfacher Hinsicht Punkte beträfen, die als Handlungsfelder bekannt seien und durch die Prüfung fokussiert dargestellt würden.

Das Bauministerium weist in seiner Stellungname darauf hin, dass die Organisationsstruktur der Staatsverwaltung eine Aufgabenverteilung zwischen Bauverwaltung und Gebäudebetreibern, insbesondere bei der gebäudespezifischen Datenerfassung, vorsehe. Die Praxis habe gezeigt, dass diese Aufteilung und bislang auch technische Gründe einem durchgängigen Workflow im Bereich der gebäudespezifischen Datenerfassung und -auswertung teilweise entgegenstünden.

Die vom ORH festgestellten Datenlücken seien nach Auffassung des Bauministeriums auf die verteilten Zuständigkeiten und nicht zuletzt auch auf die Priorisierung betrieblicher Aufgaben bei den Grundbesitz bewirtschaftenden Dienststellen zurückzuführen. Energie- und Anlagencontrolling bzw. -management würden durch diese kaum oder nur sehr eingeschränkt betrieben und der Schwerpunkt der Aufgaben beschränke sich auf eine störungsfreie Funktion der Anlagen, nicht jedoch auf den Bereich des Energiemanagements bzw. der energetischen und wirtschaftlichen Optimierung. Dies sei bedauerlich und widerspräche dem grundsätzlichen Ansatz eines wirtschaftlichen und nachhaltigen Gebäudebetriebs.

Um dem zu begegnen, habe das Bauministerium gemeinsam mit der Regierung von Mittelfranken und der Landesbaudirektion 2021 das Projekt „Digitalisierung im Gebäudemanagement“ in die Wege geleitet, das es erstmals ermöglichen solle, Daten über Liegenschaften hinweg auf einem hohen Datenschutzniveau zu übertragen und ausgewählte Daten nach standardisierten Regeln auszuwerten. Ziel sei es dabei auch, Dritten den sicheren Zugriff auf örtliche Anlagen zu ermöglichen, um den Grundbesitz bewirtschaftenden Dienststellen, die oftmals nicht über die fachlichen Ressourcen verfügen die Gebäude wirtschaftlich zu betreiben, Unterstützungsleistungen zugänglich zu machen. Die Aufzeichnung von Energieverbrauchswerten mit dem Energie- und Medien-Informationssystem EMIS solle im Rahmen des Projekts „Digitalisierung im Gebäudemanagement“ stärker automatisiert und auf ein künftiges Zentralsystem übertragen werden. Parallel dazu erfolge die sukzessive Nachrüstung gebäudeweiser Energiezählungen.

Der Thematik gewerkeübergreifender Funktionskontrollen werde seit 2018 durch die Einführung und Anwendung der Technischen Projektsteuerung, welche das Inbetriebnahmemanagement und das technische Monitoring für das erste Betriebsjahr beinhalte, begegnet. Den StBÄ stünden im Intranet entsprechende Informationen zur Verfügung, die auch als Entscheidungshilfe für eine Beauftragung einer Technischen Projektsteuerung dienen.

Die durch die Prüfung des ORH getroffenen Einzelfeststellungen seien den betroffenen StBÄ zur weiteren Veranlassung übermittelt worden. Sofern die festgestellten Mängel die Betriebsführung betrafen, hätten die StBÄ den Bericht an die jeweils zuständige Grundbesitz bewirtschaftende Dienststelle zur Erledigung weitergeleitet.


60.5 Schlussbemerkung

Das Bauministerium hat zahlreiche Feststellungen der ORH-Querschnittsprüfung bereits selbst als generelle Handlungsfelder für Verbesserungen erkannt. Die vom Ressort genannten ersten Ansätze beziehen sich aus Sicht des ORH vor allem auf Einzelaspekte und reichen keinesfalls aus. Überfällig sind konsequente und rasche Maßnahmen, zu denen auch die Analyse älterer staatlicher Gebäude gehört. Um die haushaltsrechtlichen Vorgaben für einen wirtschaftlichen und energiesparenden Gebäudebetrieb umzusetzen, empfiehlt der ORH dringend, den staatlichen Gebäudebestand systematisch auf Einsparpotenziale zu überprüfen.

Die Voraussetzungen einschließlich der fachlichen Ressourcen für einen wirtschaftlichen und energiesparenden Gebäudebetrieb müssen in allen Lebenszyklusphasen, von der Planung über die Bauausführung bis hin zur Gebäudenutzung im Sinne eines ganzheitlichen Konzepts, gegeben sein. Ein wesentlicher Bestandteil hierbei ist auch das zielgerichtete Zusammenwirken von StBÄ und Grundbesitz bewirtschaftenden Dienststellen. Unterschiedliche Zuständigkeiten überzeugen nicht als Argument für ineffizienten Gebäudebetrieb sowie unwirtschaftlichen Energieeinsatz.

Zuletzt hat die Staatliche Hochbauverwaltung 2015 selbst ein Energieeinsparpotenzial staatlicher Gebäude von 10 bis 20% als realistisch bezeichnet, das alleine durch konsequente Anwendung eines Energiecontrollings auf Grundlage von Energiekenndaten erreichbar sei. Bis heute wurden weder von der Bauverwaltung noch von staatlichen Nutzern wirksame Konsequenzen gezogen. Die Einsparpotenziale blieben weitestgehend ungenutzt.



[1] Bek. des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 24.10.1980 Az. 11 - H 1200 - 36/17 - 69 655, FMBl. S. 433.
[2] Vgl. Kurzstudie zu sektorübergreifenden Wirkungen des Handlungsfelds „Errichtung und Nutzung von Hochbauten“ auf Klima und Umwelt. Publikation des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung Nr. 17/2020. Die Zahlen in der Studie beziehen sich auf das Jahr 2014.
[3] Art. 3 Abs. 1 BayKlimaG.
[4] Nicht enthalten sind hierbei Asylunterkünfte sowie Gebäude der Bayerischen Staatsforsten, der Immobilien Freistaat Bayern und der Kirchen in staatlicher Baulast.
[5] Nr. 9 „Energieeffizientes Betreiben - Energiecontrolling“ im 7. Energiebericht der Bayerischen Staatlichen Hochbauverwaltung von 2015.
[6] Pressemitteilung der Bayerischen Staatskanzlei zur Kabinettssitzung vom 02.08.2022.
[7] Auswahlkriterien waren z. B. Baukosten über 10 Mio. €, unterschiedliche Gebäudearten und Nutzer und der Technikanteil.
[8] Fertigstellung 2014 bis 2017.