Jahresbericht 2008

TNr. 22: Gerichtszahlstellen

Gerichtszahlstelle

Die 74 Gerichtszahlstellen der Justiz können abgebaut werden.

22.1    Organisation und Aufgaben der Gerichtszahlstellen


Die Justiz (Amtsgerichte) unterhält insgesamt 74 Zahlstellen. Sie hält damit eine im Vergleich zu anderen Ressorts aufwendige Organisation vor,1 um die anfallenden Kassengeschäfte abzuwickeln. Nach den Feststellungen des ORH anhand der Geschäftsverteilungspläne und der tatsächlichen Öffnungszeiten werden dafür 57 Vollzeitkräfte eingesetzt. Das Staatsministerium geht nach seiner Personalstatistik von 38 Vollzeitkräften aus. Im Haushaltsjahr 2005 haben die Gerichtszahlstellen Zahlungen von insgesamt 308 Mio. € abgewickelt. Daraus wird deutlich, dass der vorgegebene Rahmen für die Kassengeschäfte von Zahlstellen (Barzahlungen in Ausnahmefällen und kleinere, mit dem Geschäftsbetrieb zusammenhängende Zahlungen) in einer Vielzahl von Fällen überschritten wurde.

22.2    Aufgabenkritik


Die Aufgaben der Gerichtszahlstellen können anders wirtschaftlicher erledigt werden.

22.2.1    Einzahlungen

Haushaltsrechtlich sollen Barzahlungen bei den Gerichtszahlstellen grundsätzlich nur in Ausnahmefällen erfolgen. Derartige Fälle sieht das Staatsministerium beispielsweise dann als gegeben an, wenn Verurteilte bei den Gerichtszahlstellen Strafen (gegebenenfalls auch in kleinsten Raten von weniger als 10 €) einzahlen, weil sie über keine eigene Bankverbindung verfügen. In derartigen Fällen wird der eingezahlte Geldbetrag vom Zahlstellenbeamten in bar zum Geldinstitut gebracht und von diesem auf das Konto der Landesjustizkasse einbezahlt.

Aus der Sicht des ORH rechtfertigen diese Ausnahmen nicht, Gerichtszahlstellen mit dem damit verbundenen Personalaufwand zu betreiben. Bareinzahlungen können auch direkt auf das Konto der Landesjustizkasse erfolgen, die über effiziente automatisierte Kassen- und Buchführungsverfahren verfügt. Damit könnten die Gelder der Staatskasse schneller zur Verfügung gestellt werden. Soweit Zahlungen unbar geleistet werden, können sie direkt auf die Konten der Landesjustizkasse erfolgen.

22.2.2    Ausgaben und Verwahrungen

Barauszahlungen dürfen Gerichtszahlstellen nur leisten, wenn sie notwendig sind.

Bereits 2006 hat das Staatsministerium angeordnet, Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer sowie ehrenamtliche Richter und Zeugen grundsätzlich unbar zu vergüten. Lediglich Zeugenentschädigungen können in engem Rahmen bar ausgezahlt werden. Dennoch wurden bei den Gerichtszahlstellen Zahlungen von Personalausgaben (z. B. Entschädigungen für ehrenamtliche Richter oder Vollstreckungsbeamte, Fürsorgeleistungen) und kleinere Sachausgaben festgestellt. Derartige Zahlungen können vollständig unbar durch die Landesjustizkasse erfolgen.

Die Verwahrung von Geldbeträgen und Wertgegenständen kann bereits nach der derzeit geltenden Rechtslage direkt bei der Landesjustizkasse erfolgen. Für die Verwahrung von Wertgegenständen können auch Geldinstitute herangezogen werden, die einen höheren Sicherheitsstandard als die Gerichtszahlstellen aufweisen.

22.2.3    Auffassung des ORH


Die Aufgaben der Gerichtszahlstellen können nahezu vollständig von der Landesjustizkasse wirtschaftlicher erledigt werden. Nach wie vor notwendige Barzahlungen können durch sog. Handvorschuss- bzw. Geldannahmestellen erfolgen, die beträchtlich weniger Personal binden. Das bisherige Personal der Gerichtszahlstellen könnte erheblich reduziert werden.

22.3    Stellungnahme der Verwaltung


Das Staatsministerium teilt im Wesentlichen die Auffassung des ORH, dass die Gerichtszahlstellen weitgehend abgebaut werden können.

Eine komplette Abschaffung des baren Zahlungsverkehrs und der Gerichtszahlstellen in der Justiz sei derzeit aber nicht denkbar, weil nach wie vor Barzahlungen bei den Gerichtszahlstellen erforderlich seien, um z. B. Verzögerungen in gerichtlichen Verfahren zu vermeiden und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen abzuwenden. In Haftsachen müsse die schnelle Hinterlegung einer Kaution zur Außervollzugsetzung eines Haftbefehls gewährleistet sein. Aus Verfassungsgründen könne der Einzahler nicht auf unbare Zahlung verwiesen werden, weil bis zum Eingang der Zahlungsanzeige seine Entlassung nicht verfügt werden könne.

22.4    Abschließende Bemerkung des ORH


Die Bestrebungen und Planungen des Staatsministeriums, den Bargeldverkehr zu reduzieren, gehen in die richtige Richtung. Damit kann der unbare Zahlungsverkehr künftig nahezu vollständig durch die Landesjustizkasse erfolgen, die Gerichtszahlstellen können mittelfristig aufgelöst werden.

Belastbare Zahlen der Justizverwaltung, wie viel Personal für diese Aufgabe eingesetzt ist, sind nicht vorhanden. So weist die Personalstatistik bei fünf Gerichtszahlstellen kein Personal aus.

Der ORH nimmt die Bedenken des Staatsministeriums hinsichtlich der Kaution bei Haftsachen (Zwangsvollstreckungssachen) ernst. Er ist aber davon überzeugt, dass hierfür - ähnlich wie bisher schon an Wochenenden und Feiertagen - praktikable Lösungen möglich sind.

Auch aus Sicht des ORH erfordert der Abbau von Gerichtszahlstellen flankierende Maßnahmen. Durch die Vorschläge des ORH würde ein Großteil des bisher gebundenen Personals frei.


1) Siehe dazu auch TNr. 26.