Jahresbericht 2008

TNr. 29: Mitnahmen und Bagatellförderungen

Pferde auf der Weide

Der ORH fordert,

  • die Bagatellgrenze bei der Ausgleichszulage auf 600 € anzuheben,
  • die Flächen für Sport- und Freizeitpferde nicht mit der Öko-Landbau-Prämie zu unterstützen und
  • die Förderung an die Maschinen- und Betriebshilfsringe einzustellen.

Damit könnten mindestens 10 Mio. € jährlich eingespart und der Verwaltungsaufwand verringert werden.

29.1    Allgemeines


Zuwendungen sind freiwillige Leistungen des Staates zur Erreichung bestimmter Zwecke. Sie müssen ursächlich dazu führen, dass diese Zwecke erreicht werden. Durch diese haushaltsrechtlichen Vorgaben sollen Mitnahmeeffekte1 ausgeschlossen werden.

Bei Förderungen mit niedrigen Bagatellgrenzen ist das Risiko von Mitnahmen besonders hoch. Förderprogramme mit niedrigen Bagatellgrenzen sind z. B. waldbauliche Maßnahmen (Jugendpflege) und die Erstaufforstung mit je 50 € sowie waldbauliche Maßnahmen (Wiederaufforstung), Waldschutzmaßnahmen, Erhaltung gefährdeter einheimischer Nutztierrassen und die Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten mit je 100 €. Im Übrigen verursachen Kleinstförderungen einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand.

Der ORH hat drei Förderprogramme besonders unter den Gesichtspunkten Zweckverfehlung und Mitnahmen geprüft. Dabei hat er Folgendes festgestellt:

29.2    Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten


Zur Sicherung einer standortgerechten Landbewirtschaftung erhalten land- und forstwirtschaftliche Unternehmen in Bayern, die mindestens 3 ha in den benachteiligten Gebieten selbst bewirtschaften, zum Ausgleich der ungünstigen natürlichen Standortbedingungen eine Ausgleichszulage.

Die Höhe der Ausgleichszulage je ha (zwischen 25 und 200 €) richtet sich nach dem Grad der Benachteiligung im Einzelbetrieb. Im Jahr 2005 wurden an 77.500 Betriebe 143 Mio. € Fördermittel ausbezahlt. Über die Hälfte der Betriebe erhalten somit diese Förderung.

21.000 Betriebe, die teilweise als "Hobbybetriebe" geführt werden, erhalten eine Förderung zwischen 100 und 600 € jährlich; Förderungen unter einer Bagatellgrenze von 100 € sind ausgeschlossen.

Der Mindestbetrag bei Almen oder Grünland über 1.000 m Höhe beträgt 600 € je Betrieb und Jahr (3 ha x 200 €/ha). Angesichts des Zwecks ist es widersprüchlich, warum der Mindestbetrag in anderen Gebieten deutlich geringer sein darf. Der ORH ist deshalb der Auffassung, dass die Bagatellgrenze auf einheitlich 600 € angehoben werden sollte. Damit könnten 7,6 Mio. € Fördermittel eingespart werden. Außerdem müssten 21.000 Anträge weniger bearbeitet werden; die Verwaltungskosten würden sich entsprechend verringern.

29.3    Förderung des Kuratoriums Bayerischer Maschinen- und Betriebshilfsringe


Der Freistaat förderte 2006 die Arbeit der Maschinen- und Betriebshilfsringe (Maschinenringe) mit 3,2 Mio. €. Diese Förderung gibt es nur in Bayern.

Die Förderung der Maschinenringe wird für die Organisation der nebenberuflichen sozialen Betriebshilfe, der wirtschaftlichen Betriebshilfe und des zwischenbetrieblichen Maschineneinsatzes gewährt. Nach Auffassung des Staatsministeriums dient die Förderung der Maschinenringe neben der sozialen Absicherung der Betriebe auch dem übergeordneten agrarpolitischen Ziel der Sicherung möglichst vieler selbstständiger landwirtschaftlicher Existenzen. Bei einem Wegfall der Förderung würden sich die Maschinenringe aus wirtschaftlich unattraktiven Angeboten zum Nachteil der kleineren Betriebe zurückziehen.

Nach Ansicht des ORH haben sich die Maschinenringe zu leistungsfähigen Selbsthilfeeinrichtungen entwickelt. Sie erwirtschafteten 2006 mit Maschinenvermittlung, Betriebshilfe und gewerblichen Dienstleistungen einen Umsatz von 349 Mio. €. Den 75 bayerischen Maschinenringen gehörten Ende 2006 über 98.000 Landwirtschaftsbetriebe an, die 83% der landwirtschaftlichen Nutzfläche Bayerns bewirtschafteten. Die Maschinenringe sind gemeinnützig und verfolgen keine Gewinnabsichten. Die Förderung an die Maschinenringe erfolgt pauschal je Stunde oder Hektar und differenziert nicht nach Betriebsgrößen.

Die Förderung ist nicht mehr notwendig. Sie hat lediglich Mitnahmecharakter.

29.4    Ökolandbau-Prämie für Sport- und Freizeitpferde


Seit 1989 werden ökologisch wirtschaftende Betriebe über das Bayerische Kulturlandschaftsprogramm - Teil A (Kulap-A) gefördert. Die Förderung setzt voraus, dass der gesamte Betrieb während des 5 jährigen Verpflichtungszeitraums nach den Kriterien des ökologischen Landbaus bewirtschaftet wird (gemäß der EG-Öko-Verordnung). So müssen beim Öko-Landbau bestimmte Vorgaben bei der Flächenbewirtschaftung (z. B. beim Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln) und bei der Tierhaltung (z. B. bei Fütterung und Art der Haltung) eingehalten werden. Die Förderung errechnet sich aus der gesamten landwirtschaftlich bewirtschafteten Fläche des Betriebs. Sie beträgt für den Verpflichtungszeitraum 2004 bis 2008 für Grün- und Ackerland jährlich 255 €/ha.

Sport- und Freizeitpferde unterliegen nicht der EG-Öko-Verordnung, da sie nicht mit dem Ziel der Öko-Vermarktung gehalten werden. Im Gegensatz zum Milch- oder Mastvieh gibt es für Sport- und Freizeitpferde keine Vorgaben bei der Haltung. Dennoch werden auch Flächen nach Kulap-A gefördert, die der Pferdehaltung dienen. So hat ein Betrieb mit 9 ha Grünland neben den 14 Sport- und Freizeitpferden nur 20 Puten ökologisch gehalten. Obwohl der allergrößte Teil des Grünlandes nicht der Putenhaltung (0,14 Großvieheinheiten), sondern der Pferdehaltung (14 Großvieheinheiten) diente, wurde die Ökolandbau-Prämie für die gesamte Grünlandfläche gewährt. Bei allen geprüften Fällen mit Sport- und Freizeitpferden hat der ORH festgestellt, dass auch die für die Pferdehaltung notwendigen Flächen mit gefördert wurden.

Der ORH hält dies für eine Zweckverfehlung. Flächen, die nicht der Erzeugung ökologischer Produkte dienen, sollten nicht mit der Öko-Landbau-Prämie gefördert werden. Die Kulap-A-Richtlinien sollten angepasst werden.

29.5    Haltung des Staatsministeriums


Eine hohe Bagatellgrenze reduziere den Verwaltungsaufwand, schließe jedoch gleichzeitig alle, d. h. auch wünschenswerte und sinnvolle Vorhaben, die unterhalb der Bagatellgrenze liegen, von der Förderung aus. Die Höhe der Bagatellgrenze werde bei jedem Förderprogramm gesondert geprüft und entsprechend der Zielsetzung des Förderprogramms festgelegt. Bei einer Reihe von Förderprogrammen sei gerade die Förderung vieler kleiner Einheiten das politische Ziel. Die Höhe der genannten Bagatellgrenzen führe zu keiner Erhöhung des Risikos von Mitnahmeeffekten.

Die Festlegung der Bagatellgrenze für die Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten auf 100 € trage dazu bei, in benachteiligten Gebieten eine standortgerechte Landbewirtschaftung zu sichern. Eine Anhebung des Mindestbetrags auf das vom ORH vorgeschlagene Niveau von 600 € je Zuwendungsempfänger und Jahr hätte zur Folge, dass Betriebe im benachteiligten Gebiet auf der Basis des geltenden Mindestbetrags von 25 €/ha bis zu einer Größe von 24 ha von der Förderung ausgeschlossen wären.

Für die Förderung von Sport- und Freizeitpferden mit der Öko-Landbau-Prämie sei Voraussetzung, dass teilnehmende Betriebe die Vorgaben der EG-Öko-Verordnung im Gesamtbetrieb, also auf allen Flächen und in allen Tierbereichen einhalten würden. Da Sport- und Reitpferde aufgrund der fehlenden Öko-Vermarktung nicht der EG-Öko-Verordnung unterlägen, sind von Betrieben mit einer derartigen Pferdehaltung weiterhin die Vorschriften der EG-Öko-Verordnung in allen anderen Bereichen (z. B. Bewirtschaftung der Flächen) einzuhalten. Für diese Leistung bekämen die Betriebe dann auch eine Förderung.

29.6    Auffassung des ORH


Der ORH teilt nicht die Auffassung des Staatsministeriums. Er hält an seinen Forderungen fest,

  • die Bagatellgrenze bei der Ausgleichszulage auf 600 € anzuheben,
  • Flächen für Sport- und Freizeitpferde nicht mit der Öko-Landbau-Prämie zu unterstützen und
  • die Förderung an die Maschinenringe einzustellen.

Insgesamt könnten damit mindestens 10 Mio. € jährlich eingespart und der Verwaltungsaufwand von der Antragsbearbeitung bis zur Prüfung des Verwendungsnachweises verringert werden.


1) Siehe dazu auch ORH-Bericht 2006 TNr. 15