Jahresbericht 2008

TNr. 20: Organisationsmängel bei den Kfz-Werkstätten der Polizei

Polizeiauto in der Werkstatt

Die polizeieigenen Kfz-Werkstätten können wirtschaftlicher betrieben werden, wenn nur ein einziges IuK-System eingesetzt wird und die Verwaltungsabläufe gestrafft werden.

20.1    Ausgangslage


Der ORH hat 2007 zusammen mit zwei Staatlichen Rechnungsprüfungsämtern die Organisation und Arbeitsabläufe der Kfz-Werkstätten der Polizei geprüft und dabei Folgendes festgestellt:

Die Polizei in Bayern verfügt über einen Fuhrpark von über 8.000 Kraftfahrzeugen. Die Kraftfahrzeuge werden überwiegend in eigenen Werkstätten gewartet, instand gehalten, repariert und ausgestattet. Größe und Ausstattung der Werkstätten unterscheiden sich deutlich. Neben den größeren zentralen Kfz-Werkstätten, die überwiegend in der Nähe der Ballungsräume betrieben werden, bestehen auch kleinere Werkstätten in der Region.

In den Kfz-Werkstätten der Polizei waren am 01.03.2007 insgesamt 319 Vollzeitkräfte eingesetzt.11 Hierfür fallen jährlich Personalkosten von 17,5 Mio. € an (Produktivbereich: 10,1 Mio. €; Leitung, Verwaltung und Lagerbereich: 7,4 Mio. €). Die Beschäftigungsbereiche ergeben sich aus nachfolgender Tabelle:

Beschäftigungsbereiche

Der Fuhrpark der Polizei setzt sich wie folgt zusammen:12

Fuhrpark 

Mit über 90 % aller Kraftfahrzeuge stellen die Pkws den mit Abstand größten Anteil dar. 1.201 Fahrzeuge (15,7 % aller Pkws) werden in privaten Werkstätten repariert.

Im Jahr 2006 hatten die Kfz-Werkstätten insgesamt 32.121 Werkstattaufträge zu erledigen.

20.2    Reorganisationskonzept der Kfz-Werkstätten der Polizei


Ab 1995/1996 hat das Staatsministerium begonnen, die Kfz-Werkstätten zu reorganisieren. Mithilfe externer Gutachter wurden folgende Mängel feststellt:

  • unzureichende Betriebsorganisation (keine einheitlichen Formulare und Abläufe, kein einheitliches IuK-gestütztes Fuhrpark- und Werkstattverwaltungssystem),
  • Aufsplitterung der Aufgaben auf insgesamt 66 Werkstätten mit vielen Klein- und Kleinstwerkstätten (Ein-Mann-Werkstätten),
  • weitgehend verbandsorientierte Aufgabenerledigung,
  • fehlende Arbeitswerteerfassung.


Das Reorganisationskonzept führte dazu, dass insbesondere die Ein-Mann-Werkstätten sukzessive abgebaut wurden. Aufgegeben wurde auch die strikte Trennung nach Verbandszugehörigkeit der Fahrzeuge. Geblieben sind sieben zentrale und zwölf regionale Kfz-Werkstätten.

Für die Ablaufoptimierung und betriebswirtschaftliche Steuerung der Werkstätten (Kosten- und Leistungsrechnung) sowie zur genaueren Datenermittlung wurde ein eigenes IuK-Werkstatt- und Fuhrparksystem (WeFuSys) eingeführt. Darin ist auch ein geeignetes Arbeitswerteerfassungssystem hinterlegt. Die reinen Hard- und Softwarekosten lagen zum Zeitpunkt der Prüfung bei 436.000 €.

Nach Auffassung des Staatsministeriums sind die polizeieigenen Kfz-Werkstätten notwendig, um die Einsatz- und Reaktionsfähigkeit der Polizei rund um die Uhr sicherzustellen. Das Reorganisationskonzept der Kfz-Werkstätten wurde in der Folge auch im Landtag eingehend diskutiert.13

20.3    Ergebnisse der Rechnungsprüfung


Die Vorschläge der externen Gutachter wurden mittlerweile weitgehend umgesetzt.

Es bestehen - gemessen nach Laufzeit und Gesamtfahrleistung - zwischen den in polizeieigenen und den in privaten Werkstätten gewarteten Pkws keine großen Unterschiede.

Auch wenn die Preise (insbesondere Stundenverrechnungssätze) der privaten Werkstätten stark differieren, bewegen sich die Kosten beider Wartungsformen doch im Mittel in etwa auf gleicher Höhe. Privatwerkstätten in Ballungsräumen sind dabei in der Regel deutlich teurer. Ein verstärktes Outsourcing von Werkstattleistungen lässt sich mit diesen Ergebnissen insbesondere vor dem Hintergrund der vom Staatsministerium dargelegten Sicherheitsbedenken nicht begründen. Vorrangig sollten die Arbeitsweisen der bestehenden Werkstätten optimiert werden. Vor größeren Investitionen ist aber dennoch ein Wirtschaftlichkeitsvergleich durchzuführen.

Auffällig bei den polizeieigenen Kfz-Werkstätten ist das Verhältnis von Mitarbeitern mit Leitungs-, Verwaltungs- und Lagerverwaltungsaufgaben zu Produktivkräften. Nur 60% der Mitarbeiter sind im Produktivbereich, fast 40% im Overheadbereich tätig. Bereits eine Verringerung der Overheadkosten um nur 15 % würde zu einem Stundensatz der Polizeiwerkstätten von deutlich unter 60 € führen. Dieser Satz läge auf dem Niveau der Mindestsätze, die vom Zentralverband des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes für 2005 errechnet wurden.

Derzeit werden in den zentralen Kfz-Werkstätten die Reparatur- und Wartungsdaten mit "WeFuSys", Abrechnungs- und Buchungsdaten aber mit dem System "Marktplatz" verwaltet. Die Verwendung von zwei IuK-Systemen - ohne gemeinsame Schnittstelle zum Datenaustausch - führt zu redundanter Datenhaltung und Doppeltätigkeiten. Bei "WeFuSys" ist die Datenerfassung sehr zeitaufwendig14 und die Anwendung sehr kompliziert. Eine einheitliche Datengrundlage ist nicht gewährleistet, wodurch die Daten nicht vergleichbar sind. Der ORH plädiert dafür, den Einsatz von "WeFuSys" zumindest langfristig einzustellen.15

In den anderen Werkstätten werden zur Ablaufsteuerung, Lagerverwaltung und Planung Loseblattverzeichnisse, Karteikarten, diverse Datenbanken und/oder Excel-Tabellen als Insellösungen benutzt, die jeweils individuell gestaltet sind. Nach Auffassung des ORH sollten die Arbeitsabläufe und die Datenverarbeitung vereinheitlicht und vereinfacht werden.

Ein nicht unerheblicher Teil von Kfz-Verbringungen von und zu den Werkstätten wird von Vollzugskräften, meist in doppelter Besetzung mit zwei Fahrzeugen (Verbringung zur Werkstätte und Rückfahrt zur Dienststelle) vorgenommen. Der Personalkostenaufwand für die reine Fahrzeugverbringung mit einem Beamten liegt durchschnittlich bei 36,50 € (bei Doppelbesetzung 73 €) pro Werkstattbesuch.

20.4    Stellungnahme des Staatsministeriums


Das Staatsministerium hat am 05.06.2008 mitgeteilt, die Prüfung des ORH habe dazu geführt, die Organisationsabläufe kritisch zu hinterfragen. Untersucht werde vor allem eine Verringerung der Verwaltungskosten. Entsprechende Untersuchungen bei den Polizeiverbänden seien bereits in Auftrag gegeben worden.

Allerdings sei eine Zusammenführung auf nur eine IuK-Anwendung nicht möglich. Geprüft werde, ob mit einer Schnittstelle zwischen den IuK-Anwendungen "WeFuSys" und "Marktplatz" Doppelerfassungen reduziert oder ganz vermieden werden könnten. Zudem werde untersucht, die Abläufe so weit wie möglich und nötig zu vereinheitlichen, die Datenqualität zu verbessern und damit bessere Auswertungsergebnisse erzielen zu können.

Das Staatsministerium stimmt dem ORH zu, dass für Hol- und Bringdienste grundsätzlich keine Polizeivollzugsbeamten eingesetzt werden sollten. Geplant sei, die Hol- und Bringdienste neu zu regeln und zusammen mit den Polizeiverbänden Verbesserungen bei der Bereithaltung von Poolfahrzeugen zu erreichen.

20.5    Abschließende Äußerung des ORH


Der ORH hält weitere Verbesserungen der Organisation der Werkstätten, insbesondere bei den IuK-Anwendungen für erforderlich.

Er sieht vor allem folgende Einsparungsmöglichkeiten:

  • Verringerung der Overheadkosten.
  • Einsatz einer einfach anzuwendenden IuK-Lösung, die aufwendige und komplizierte (Doppel-)Erfassungen vermeidet und nur Daten enthält, die tatsächlich für die Werkstattarbeiten benötigt werden und auch für eine vergleichbare Leistungsbemessung verwendbar sind.
  • Vereinheitlichung der Verwaltungsabläufe.
  • Senkung der Transferkosten bei der Verbringung der Fahrzeuge von und zu den Werkstätten.

 


11) Außerhalb des Werkstattbereichs sind noch 185,8 Vollzeitkräfte mit der Wagenpflege und mit einfachen Serviceleistungen beschäftigt.

12) Ohne Geräte der Liegenschaftsverwaltungen etc. 

13) Sitzung des Kommunal- und Innenausschusses vom 11.03.1998.

14) Eine überschlägige Berechnung der angegebenen Zeiten für den Verwaltungsaufwand ergibt bereits bei der Verwendung der Mindestzeiten einen Personalbedarf von 19,3 Vollzeitkräften.

15) Vgl. TNr. 19