TNr. 18: Unterrichtsausfall an Realschulen

Im Schuljahr 2007/2008 sind bei den staatlichen Realschulen 11% der Unterrichtsstunden nicht planmäßig gehalten worden. Das entspricht hochgerechnet 855.000 Stunden. Davon sind 283.000 Unterrichtsstunden ersatzlos entfallen.Ein erheblicher Teil des Unterrichtsausfalls könnte durch organisatorische Maßnahmen vermieden werden. Der ORH fordert, im Rahmen der Schulaufsicht dafür zu sorgen, dass weniger Unterricht ausfällt.
Der ORH hat 2009 gemeinsam mit vier Staatlichen Rechnungsprüfungsämtern den Unterrichtsausfall an 12 ausgewählten staatlichen Realschulen im Schuljahr 2007/ 2008 untersucht. Überprüft wurden dabei 407.000 Lehrerstunden, die diesen Schulen für das gesamte Schuljahr zugewiesen waren. Dabei blieben der erste und letzte Schultag sowie die Stunden der 10. Klassen ab dem Tag nach der letzten schriftlichen Prüfung unberücksichtigt. Die Art und der Umfang der Erhebung wurden so festgelegt, dass die Ergebnisse auf alle staatlichen Realschulen hochgerechnet werden können.
18.1 Ausgangslage
Der Staat finanzierte im Schuljahr 2007/2008 an den 220 staatlichen Realschulen 9.600 Lehrerstellen mit rd. 450 Mio. € im Jahr.
18.1.1 Sollstunden nach Stundentafel
Die Stundentafeln der Realschulordnung[45] (RSO) regeln Art und Umfang des zu erteilenden Unterrichts. Sie sehen für die 6 Jahrgangsstufen grundsätzlich 180 Gesamtstunden vor, das entspricht 28 bis 32 Wochenstunden pro Klasse. Seit Einführung der sechsstufigen Realschule im Jahr 2000 ist die Gesamtstundenzahl jedoch "vorübergehend" auf 177 gekürzt worden. Zusätzlich können gemäß Stundentafel in jeder Jahrgangsstufe noch 2 Stunden (insgesamt also 12 Stunden) Erweiterter Basissportunterricht (EBSU) in den Jahrgangsstufen 5 und 6 bzw. Differenzierter Sportunterricht (DSU) in den Jahrgangsstufen 7 bis 10 angeboten werden.
18.1.2 Sporadischer Unterrichtsausfall
Gegenstand der Untersuchung des ORH war der sog. sporadische Unterrichtsausfall. Darunter ist der Unterricht zu verstehen, der im Stundenplan zwar vorgesehen war, jedoch unvorhersehbar nicht planmäßig gehalten wurde.
Der sporadische Unterrichtsausfall umfasst damit
- den Unterricht, der überhaupt nicht erteilt wird (ersatzloser Unterrichtsausfall) und
- die Unterrichtsstunden, die durch Ersatzmaßnahmen zwar stattfinden, jedoch nicht von der im Stundenplan vorgesehenen Lehrkraft erteilt werden.
18.1.3 Jahressollstunden und struktureller Unterrichtsausfall
Basis für die Ermittlung des sporadischen Unterrichtsausfalls sind die Jahressollstunden. Dabei handelt es sich um die den Schulen zugewiesenen und auf das Schuljahr hochgerechneten Lehrerwochenstunden.
Die Jahressollstunden berücksichtigen bereits die vor Schuljahresbeginn feststehenden Kürzungen des Unterrichts, den sog. strukturellen Unterrichtsausfall. Gründe hierfür sind z. B. die "vorübergehende Kürzung" des Unterrichts der Stundentafel von 180 auf 177 Stunden, aber auch fehlende Lehrerkapazitäten in einzelnen Unterrichtsfächern an den einzelnen Schulen.
18.1.4 Erhebungen des Kultusministeriums
Das Kultusministerium hatte im Auftrag des Landtags[46] bis 30.09.1999 ein Konzept vorzulegen, wie der sporadische Unterrichtsausfall des Schuljahres 1999/2000 erfasst werden kann. Dies sollte die Grundlage für eine bedarfsgerechte Berechnung der Lehrerreserve sein und der Sicherung des stundenplanmäßigen Unterrichts dienen. Seit dem Schuljahr 2005/2006 führt das Kultusministerium deshalb eine Stichprobenerhebung durch. Dazu werden an staatlichen Schulen die entsprechenden Daten zum Unterrichtsausfall für einen Zeitraum von zwei Wochen des ersten Halbjahres und zwei Wochen des zweiten Halbjahres ermittelt. Die Kalenderwochen werden jedes Jahr neu festgelegt und den betroffenen Schulen vorab mitgeteilt. Die Schulen, bei denen die Daten erhoben werden, werden alle zwei Jahre neu ausgewählt. Der strukturelle Unterrichtsausfall wird nicht erhoben.
Für das Schuljahr 2007/2008 hat das Kultusministerium die Daten von 65 Realschulen der Regierungsbezirke Schwaben und Unterfranken für die 48. und 49. Kalenderwoche 2007 und die 15. und 16. Kalenderwoche 2008 abgefragt und 230.000 Lehrerstunden überprüft. Dabei hat es Folgendes festgestellt:
- 7,9% der lt. Stundenplan vorgesehenen Lehrerstunden sind nicht planmäßig erteilt worden.
- 1,3% der lt. Stundenplan vorgesehenen Lehrerstunden sind ersatzlos entfallen.
- Hauptursachen für den nicht planmäßig erteilten Unterricht (sporadischer Unterrichtsausfall) sind Krankheit (47%), Klassenfahrten (22%) sowie Fortbildungen (15%) gewesen.
Damit weist der ersatzlose Unterrichtsausfall bei den Realschulen eine rückläufige Entwicklung auf (von 3,6% im Schuljahr 1999/2000 auf 1,3% 2007/2008).
18.2 Feststellungen des ORH
18.2.1 Sporadischer Unterrichtsausfall
Die Erhebungen des ORH führten zu folgendem Ergebnis:
- Der Anteil des nicht planmäßig gehaltenen Unterrichts an den staatlichen Realschulen betrug im Schuljahr 2007/2008 11% der Jahressollstunden.
- Der Anteil des ersatzlos ausgefallenen Unterrichts lag im Schuljahr 2007/2008 bei 3,6% der Jahressollstunden.
Hochgerechnet auf die 220 staatlichen Realschulen bedeutet dies, dass im Schuljahr 2007/2008 von den rd. 7,8 Millionen Lehrerstunden 855.000 Unterrichtsstunden nicht planmäßig gehalten wurden, 283.000 Stunden davon sogar ersatzlos entfielen. Ein Großteil des ersatzlos ausgefallenen Unterrichts trat in den 6. Stunden auf. In mehr als drei Viertel der Fälle wurde auf eine Vertretung verzichtet und der Ausfall der 6. Stunden weitgehend akzeptiert.
18.2.2 Gründe für die Abweichung
Nach Ansicht des ORH sind die Unterschiede zu den Zahlen des Kultusministeriums auf folgende Ursachen zurückzuführen:
- Der Ausfall von Unterrichtsstunden verteilt sich nicht gleichmäßig auf das Schuljahr, sondern tritt zu bestimmten Zeiten und Anlässen vermehrt auf.
- Der Erhebungszeitraum wird vom Kultusministerium jedes Jahr neu ausgewählt; ausfallträchtige Zeiträume werden dabei eher nicht berücksichtigt.
- Die gemeldeten Daten sind oft nicht aussagekräftig, weil die Definition des Begriffs "Abwendung von Unterrichtsausfall" unzureichend ist und dessen Abgrenzung zum "ersatzlosen Unterrichtsausfall" fehlt.
- Nicht alle Maßnahmen, die von den Schulen unternommen wurden, um Unterrichtsausfall abzuwenden, sind im Erhebungsbogen und damit in der Statistik des Kultusministeriums vorgesehen.
Die Erhebungsmethode des Kultusministeriums führt aus der Sicht des ORH somit zu Ergebnissen, die nicht die Verhältnisse eines gesamten Schuljahres an den Schulen widerspiegeln.
18.2.3 Ursachen für den sporadischen Unterrichtsausfall
Die Erhebungen des ORH ergaben, dass Erkrankungen von Lehrkräften die Hauptursache (32,2%) dafür darstellten, dass Unterricht nicht planmäßig gehalten wurde. Mehr als die Hälfte des krankheitsbedingten, nicht planmäßigen Unterrichts entfielen auf Langzeiterkrankungen weniger Lehrkräfte.[47]
Aktivitäten außerhalb der Schule sind Teil des pädagogischen Konzepts und im Lehrplan vorgesehen. Sie stellen eine besondere Form des Unterrichts dar. Für die Schüler der teilnehmenden Klasse gilt der Unterricht als gehalten. Im Schuljahr 2007/ 2008 differierten bei den 12 geprüften Schulen Art und Umfang der durchgeführten Aktivitäten erheblich. So bewegten sich die durchschnittlichen Abwesenheitstage pro Klasse in einer Bandbreite von 5 bis 12 Schultagen. Aber auch innerhalb einer Schule gab es Abweichungen unter den einzelnen Klassen zwischen 1 und 18 Schultagen. Die Lehrer, die die jeweiligen Klassen begleiten, können allerdings in dieser Zeit keinen Unterricht bei den in der Schule verbleibenden Klassen halten. Dies ist eine wesentliche Ursache (17,5%) für den sporadischen Unterrichtsausfall.
Als weitere Ursachen für den sporadischen Unterrichtsausfall wurden sonstige dienstliche Veranstaltungen (11,0%), die anderweitige Verwendung der Lehrkraft (10,7%), Fortbildungen (8,2%) und das vorzeitige Unterrichtsende vor den Ferien und vor Konferenzen (5,9%) ermittelt.
Nach den Feststellungen des ORH hat auch der dreitägige Probeunterricht beim Übertritt an die Realschule erhebliche Auswirkungen auf den Unterrichtsausfall. Neben den Unterrichtsstunden, die ersatzlos ausfielen, weil ganze Klassen vom Unterricht befreit waren, entfielen auch noch die Stunden in den Klassen ersatzlos, deren Lehrkräfte für den Probeunterricht abgestellt waren. Der Probeunterricht ist Ursache für 3,6% der nichtplanmäßigen und 6,5% der ersatzlos ausfallenden Stunden.
18.2.4 Ersatzmaßnahmen bei sporadischem Unterrichtsausfall
18.2.4.1 Fachgerechte und fachfremde Vertretungen
Die geprüften Schulen decken einen Großteil des nicht planmäßigen Unterrichts durch fachgerechte (12%) oder fachfremde (44%) Vertretungen ab. Ob es sich um eine fachgerechte oder fachfremde Vertretung handelt, wurde bei der Erhebung des ORH durch die Lehrbefähigung der Vertretungslehrkraft in Bezug zum ursprünglich im Stundenplan vorgesehenen Fach bestimmt.
18.2.4.2 Aufhebung der Klassenteilung
Die in den Stundenplänen eingeplante Teilung der Klasse in mehrere Unterrichtsgruppen (Differenzierung) wurde im Bedarfsfall wieder aufgehoben und die Klasse im Klassenverband unterrichtet (Aufhebung der Klassenteilung). So musste entweder keine weitere Lehrkraft für eine Vertretung eingesetzt oder eine Lehrkraft konnte für einen anderweitigen Vertretungsbedarf freigesetzt werden. Die Prüfung hat ergeben, dass es an einer konsequenten Durchführung dieser Maßnahme mangelt, insbesondere in der 6. Stunde.
18.2.4.3 Mitführung von Klassen und Aufsichten
Das Kultusministerium sieht bei seiner jährlichen Erhebung als organisatorische Maßnahme zur Abwendung von Unterrichtsausfall die "Mitführung von Klassen" vor. Definiert wird die Mitführung als zusätzliche Betreuung einer Klasse oder Lerngruppe im gleichen oder einem anderen Raum.
Eine Mitführung von Klassen wurde vom ORH nur dann als Maßnahme zur Abwendung von Unterrichtsausfall gewertet, wenn die Schüler im gleichen Raum mitbetreut wurden, also am Unterrichtsgeschehen teilgenommen haben. Wurden die Klassen nur über die offene Klassentür beaufsichtigt, kommt die Schule hier nur ihrer Aufsichtspflicht nach, es wird aber kein Unterricht ersetzt.
Das Kultusministerium sieht in seiner Statistik die von den Schulen eingesetzte Maßnahme "Aufsicht" nicht vor.
18.2.5 Weitere Abweichungen vom Unterrichtssoll
18.2.5.1 Struktureller Unterrichtsausfall
Der strukturelle Unterrichtsausfall ist nicht Gegenstand der Stichprobenerhebung des Kultusministeriums. Nach Ansicht des ORH sind aber auch die strukturell vorgenommenen Kürzungen für die Gesamtbetrachtung des Unterrichtsausfalls von Bedeutung, da sie sich direkt auf das Unterrichtsangebot auswirken. Bezöge man den strukturellen Unterrichtsausfall in die Gesamtbetrachtung mit ein, erhöhte sich der Anteil des ersatzlos ausgefallenen Unterrichts im Jahr 2007/2008 sogar von 3,6 auf 4,5% der Jahressollstunden.
18.2.5.2 Erweiterter Basissportunterricht bzw. Differenzierter Sportunterricht
Neben dem Basissportunterricht sieht die Stundentafel zusätzlich EBSU bzw. DSU vor.
Der ORH hat festgestellt, dass an den untersuchten Schulen der EBSU in den 5. und 6. Jahrgangsstufen nur zum Teil, der DSU (7. bis 10. Jahrgangsstufe) überhaupt nicht angeboten wurde.
Bei den Sportstunden steht vielfach von vornherein fest, dass sie aufgrund raumtechnischer Probleme und fehlender Lehrerkapazitäten nicht gehalten werden können. Insofern enthalten die Stundentafeln der RSO ein derzeit nicht realisierbares Unterrichtsangebot.
18.3 Vorschläge des ORH
Nach Ansicht des ORH müssen verstärkt organisatorische Maßnahmen ergriffen werden, um den nichtplanmäßigen Unterricht insgesamt zu verringern, insbesondere aber den ersatzlos ausfallenden Unterricht zu reduzieren. Daneben hält es der ORH für erforderlich, die Datenerhebung zu verbessern.
18.3.1 Datenerhebung verbessern
Für die Stichprobe sollten die Daten nicht nur für jeweils zwei Kalenderwochen des Schulhalbjahres, sondern für das ganze Schuljahr erhoben werden, um bessere Erkenntnisse über den Unterrichtsausfall zu erlangen.
Die IT-Programme vieler Schulen ließen dies ohne wesentlich höheren Aufwand zu. Spätestens mit Einführung des neuen amtlichen Schulverwaltungsprogramms sollte eine ganzjährige Erhebung möglich sein. Damit wären belastbarere Grundlagen für eine bedarfsgerechte Berechnung der Lehrerreserve und der Sicherung des stundenplanmäßigen Unterrichts gewährleistet.
18.3.2 Organisatorische Maßnahmen verstärken
Das Kultusministerium hat "Tipps und Erfahrungsberichte zur Vermeidung von Unterrichtsausfall" veröffentlicht, um die Schulleitungen zu unterstützen. Nach den Erkenntnissen aus der Untersuchung durch den ORH sind diese Möglichkeiten jedoch noch nicht voll ausgeschöpft.
Um den Unterrichtsausfall allgemein zu reduzieren, regt der ORH Folgendes an:
- Bei der Planung von Klassenfahrten und Exkursionen sollten die Schulen verstärkt darauf achten, welcher Unterrichtsausfall in den anderen Klassen damit verbunden ist. Für den Umfang sollten einheitliche Standards gelten. Bei Exkursionen bis zu einem Tag sollte, wenn es nach Alter und Reifegrad der Schüler möglich ist, als zweite Begleitperson keine Lehrkraft eingesetzt werden.
- Fortbildungsveranstaltungen für Lehrer sollten grundsätzlich in die unterrichtsfreie Zeit gelegt werden.
- Der Einsatz von Lehrkräften für sonstige dienstliche Aufgaben sollte vermieden oder wenigstens so organisiert werden, dass hierdurch möglichst kein Unterricht ausfällt.
- Die Schulen sollten darauf achten, dass sowohl Theater-, Chor- und Orchesterproben als auch die Aus- bzw. Abgabe der Schulbücher zu geringst möglichem Unterrichtsausfall führen.
- Lehrerkonferenzen und Elternsprechtage sollten so terminiert werden, dass kein Unterricht ausfällt.
- In Zeiten des Probeunterrichts sollten die Schulen durch bessere organisatorische Planungen Alternativen (z. B. Betriebspraktikum, Exkursionen, Sporttage) anbieten oder durch den Einsatz von externen Anbietern (z. B. Erste-Hilfe-Kurse, Berufsberatung) Unterrichtsausfall vermeiden.
- Die Schulleitung sollte vermehrt die Anwesenheitspflicht von Lehrern auch außerhalb ihrer Unterrichtsverpflichtung in die Stundenplanung aufnehmen. Damit stünde im Bedarfsfall eine Lehrkraft zur Verfügung und der Unterrichtsausfall vor allem in der 1. und 6. Stunde könnte vermieden werden.
- Die Schulen sollten auf einen höheren Anteil an fachgerechter Vertretung hinwirken.
- Der Unterrichtsausfall sollte durch eine konsequente Durchführung der Maßnahme "Aufhebung der Klassenteilung" - auch in der 6. Stunde - verringert werden.
- Die Schulen sollten der Verschiebung der nicht planmäßig gehaltenen Stunden auf die 6. Stunde (Verschiebung von Randstunden), um sie dann ersatzlos ausfallen zu lassen, entgegenwirken.
Das Kultusministerium hat die Schulen hierbei noch stärker anzuleiten und zu unterstützen, aber auch zu überwachen.
18.4 Stellungnahme des Kultusministeriums
Das Kultusministerium geht wegen der unterschiedlichen Messergebnisse insbesondere zum ersatzlosen Unterrichtsausfall ausführlich auf seine Stichprobenmethode und die des ORH ein. Sie unterschieden sich zwar bei der räumlichen (Anzahl der Schulen) und zeitlichen (geprüftes Zeitfenster) Erhebung, aber Gründe für die Abweichungen ließen sich letztlich nicht daraus herleiten. Gleichwohl solle die festgestellte Diskrepanz Anlass sein, das eigene Stichprobenkonzept kritisch zu evaluieren und die Datenbasis maßvoll zu erweitern.
Bei einer zeitlichen und räumlichen Vollerhebung bei allen Realschulen fiele erheblicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand an. Das Kultusministerium will die bisherige Erhebung ab dem Schuljahr 2010/2011 um eine ganzjährige Erfassung wichtiger Kenngrößen zum Unterrichtsausfall ergänzen, und das nicht nur bei den Realschulen, sondern bei neun Schularten. Die Stichprobenauswahl solle künftig zufällig nach Schulgröße und regionaler Lage erfolgen. Außerdem sei bereits für die Frühjahrserhebung 2010 eine Konkretisierung der Ausfüllhinweise vorgenommen und eine Datenverantwortlichkeit des Schulleiters eingeführt worden. In der zukünftigen Architektur der beiden interagierenden Systeme ASV (Amtliche Schulverwaltung) und ASD (Amtliche Schuldaten) seien zusätzliche Importmöglichkeiten und Schnittstellenlösungen vorgesehen, die zusätzliche Belastungen der Schulen auf ein vertretbares Maß beschränken.
Das Kultusministerium sieht es als nicht sachgerecht an, die Unterrichtsstunden, die durch die Kürzung der Stundentafel von 180 auf 177 Stunden von vornherein nicht stattgefunden haben, als "strukturellen Ausfall" zu werten. Für die Bemessung des strukturellen Ausfalls dürfe nur auf die rechtlich verbindliche Gesamtwochenstundenzahl von 177 abgestellt werden.
Auch der EBSU bzw. DSU sei nur ein mögliches Zusatzangebot und dürfe daher nicht in die Betrachtung einfließen.
Das Kultusministerium weist darauf hin, dass es den Schulen bereits einen umfassenden Katalog mit Hinweisen zur Vermeidung von Unterrichtsausfall an die Hand gegeben habe. Das Kultusministerium hebt hervor, dass rund zwei Drittel des nicht planmäßig gehaltenen Unterrichts durch Ersatzmaßnahmen von den Schulen habe aufgefangen werden können; das stelle einen hohen Wert dar. Es werde aber bei den nächsten Schulleiterbesprechungen die vom ORH festgestellten Schwachpunkte ansprechen und die Maßnahmen zur Vermeidung von Unterrichtsausfall erneut ausführlich erläutern. Dabei werde insbesondere darauf eingegangen, dass Lehrerkonferenzen oder Elternsprechtage grundsätzlich nicht zu Unterrichtsausfall führen dürfen. Auch die Vertretungspraxis hinsichtlich der 6. Stunde werde deutlich zur Sprache kommen. Im Übrigen sei zur Erhebung im Herbst 2009 bereits darauf hingewiesen worden, dass eine reine Beaufsichtigung der Klassen ohne unterrichtliche Beschäftigung als ersatzloser Unterrichtsausfall zu werten sei.
Das Kultusministerium betont, dass schulische Aktivitäten außerhalb der Klassenzimmer wesentlicher Teil des Unterrichts seien und dies die moderne Unterrichtssituation auch hinsichtlich der Herausbildung von Schlüsselkompetenzen widerspiegele.
Im Unterschied zum ORH erhebe das Kultusministerium bei der Beurteilung der Vertretungsstunden klasseneigene und klassenfremde Vertretungskräfte sowie Kräfte der mobilen Reserve. Nur so könnten die unterschiedlichen Verhältnisse an den verschiedenen Schularten adäquat abgebildet werden.
18.5 Schlussbemerkung des ORH
Der ORH hält es für richtig und zielführend, dass das Kultusministerium die Stichprobenauswahl rein zufällig nach Schulgröße und regionaler Lage durchführen, wichtige Kenngrößen ganzjährig erheben und so die Belastbarkeit der Ergebnisse der Stichprobe verbessern will.
Der ORH hat entgegen den Ausführungen des Kultusministeriums bei seinen Feststellungen zum "sporadischen Unterrichtsausfall" auf 177 Gesamtwochenstunden abgestellt. Er hat allerdings darauf hingewiesen, dass die Stundentafel immer noch 180 Stunden ausweist und die "Kürzung" seit Einführung der sechsstufigen Realschule im Jahr 2000 nur "vorübergehend" sein sollte.
Ebenso ist es aus Sicht des ORH von Bedeutung aufzuzeigen, dass der EBSU bzw. DSU überwiegend nur ein theoretisches Angebot ist.
Bei den Aktivitäten außerhalb der Klassenzimmer fällt auf, dass dieses pädagogische Instrument sehr unterschiedlich von den Schulen genutzt wird. Es sollte jedoch nicht vom Standort der Schule abhängen, ob mehr oder weniger Schlüsselkompetenzen vermittelt werden. Außerdem könnte Unterrichtsausfall vermieden werden, wenn die Zahl der begleitenden Lehrkräfte auf das notwendige Maß reduziert würde.
Der ORH ist sich mit dem Kultusministerium darin einig, dass die Qualität einer Vertretungsstunde statistisch nicht zu ermitteln ist. Allerdings hält er die von ihm gewählte Unterscheidung zwischen fachfremder und fachgerechter Vertretung als Hilfsmittel zur Beurteilung der Gesamtsituation für hilfreich.
Der ORH fordert, dass das Kultusministerium die aufgezeigten organisatorischen Maßnahmen ergreift. Dadurch kann der Unterrichtsausfall deutlich verringert werden. Das Kultusministerium sollte auch bei den anderen Schularten seine Datenbasis überprüfen und in eigener Verantwortung dort den Unterrichtsausfall untersuchen.
[45]Realschulordnung vom 18.07.2007 (GVBl S. 458, berichtigt S. 585).
[46]LT-Drucksache 14/1546.
[47]Vgl. ORH-Bericht 1997, TNr. 18.