Jahresbericht 2014

TNr. 22: Intransparentes Förderverfahren bei Gartenschauen

Landesgartenschau

Die Vergabe von Gartenschauen ist intransparent.

Durch die zwingende Verknüpfung der Förderung mit der Vergabe und dem Abschluss eines Gesellschaftsvertrages wird Wettbewerb ausgeschlossen. Das Verfahren muss auf eine neue Grundlage gestellt werden.

Der ORH hat von 2007 bis 2013 gemeinsam mit den Staatlichen Rechnungsprüfungsämtern Bayreuth und Würzburg die Förderung von acht Landesgartenschauen und Regionalgartenschauen aus 2001 bis 2008 geprüft.

Darüber hinaus ist bei acht weiter zurückliegenden Maßnahmen untersucht worden, inwieweit diese sich hinsichtlich Funktion und Nutzung nachhaltig entwickelt haben. Des Weiteren wurden im Jahr 2011 Zuwendungen aus dem Bereich des Landwirtschaftsministeriums an die Gesellschaft zur Förderung der bayerischen Landesgartenschauen mbH (FöG) geprüft.


22.1 Ausgangslage

Kommunen führen in Bayern seit 1980 Landesgartenschauen (LGS) und seit 1995 Regionalgartenschauen ("Natur in der Stadt") jährlich im Wechsel durch. Als Mitveranstalter und Partner der Kommunen tritt die FöG auf. Deren Gesellschafter sind drei Interessenverbände aus dem Bereich des Gartenbaus.

Für Investitionen in vorbildliche, dauerhafte Grün- und Erholungsanlagen im Rahmen einer Gartenschau erhält die Kommune aus dem Landeshaushalt bis zu 3,6 Mio. €. In einigen Fällen wurden zusätzlich EU-Mittel gewährt. Für die Förderung gelten die Förderrichtlinien für Wanderwege, Unterkunftshäuser und Gartenschauen. Diese werden durch Vollzugshinweise konkretisiert.


22.2 Verfahren zur Vergabe einer Gartenschau

Interessierte Kommunen reichen ihre Bewerbung zunächst bei der FöG ein. Für das Auswahlverfahren gelten die von der FöG aufgestellten Ziele und Grundsätze zur Durchführung von Landesgartenschauen.[1]

Die endgültige Auswahlentscheidung trifft ein Vergabeausschuss, der sich aus Vertretern der FöG, des Umwelt- und des Landwirtschaftsministeriums zusammensetzt.

Nach dem Zuschlag wird die Planung durch einen Realisierungswettbewerb konkretisiert. Danach ist der Förderantrag bei der örtlich zuständigen Regierung einzureichen, die seit 2006 auch die Fördermittel bewilligt.[2] Dabei hat sie die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommune zu beachten.[3]

In allen geprüften Fällen erhielt die vom Vergabeausschuss ausgewählte Kommune die Förderung.


22.2.1 Feststellungen

Die fachlich-inhaltlichen Kriterien der FöG für die Vergabe einer Gartenschau sind übergeordneter und beschreibender Natur (Beispiele: "Stimmigkeit des Konzeptes", "Art und Qualität der zu schaffenden Strukturen"). Sie werden nicht konkretisiert oder gewichtet. Objektivierbare Bewertungen und aussagekräftige Vergleiche verschiedener Bewerbungen sind damit nicht möglich.

Es ist nicht geregelt, ob die Entscheidungskompetenz für die Vergabe der Gartenschauen im Vergabeausschuss aufseiten der Ministerien oder aufseiten der FöG liegt.

Die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommune wird nicht transparent und detailliert in die Vergabeentscheidung einbezogen. Auch bei der nachfolgenden Förderentscheidung erhielt eine Kommune die Zuwendung für eine Gartenschau, obwohl sie nicht die notwendige finanzielle Leistungsfähigkeit besaß.

Nachnutzungskonzepte und Folgekosten werden bei der Vergabe einer Gartenschau nicht umfassend berücksichtigt. So erfüllten Teilbereiche länger zurückliegender Gartenschauen langfristig ihren Zweck nicht mehr und mussten teilweise umgestaltet werden. Die dauerhafte intensive Pflege einzelner Gartenschauelemente verursachte z. T. erhebliche Kosten und wurde infolgedessen eingestellt. Auch bei der Planung neuer Gartenschauen wurden Folgekosten nicht hinreichend berücksichtigt. Eine Kommune zahlt beispielsweise für ihr Gartenschaugelände jährlich rd. 120.000 € Pacht an Dritte.


22.2.2 Würdigung und Empfehlung des ORH

Im Verfahren zur Vergabe einer Gartenschau ist nicht erkennbar, wie letztlich die Entscheidung zustande kommt und ob der Staat seine Interessen gegenüber der FöG und ihren Gesellschaftern wahren kann. Um die Wirtschaftlichkeit einer Gartenschau beurteilen zu können, sind nachvollziehbare Entscheidungsprozesse unter Berücksichtigung staatlicher Förderziele notwendig.[4] Die Kriterien für die Vergabe sollten konkretisiert und allgemein zugänglich gemacht werden.

Eine Kommune, die den Zuschlag vom Vergabeausschuss erhalten hat, kann grundsätzlich davon ausgehen, dass sie auch eine Förderung erhält. Beide Entscheidungen dürfen nicht unabhängig voneinander betrachtet werden. Sie bilden eine Einheit und haben für den Staat erhebliche finanzielle Folgen.

Die Entscheidung über Zuschlag und Förderung hat die Verwaltung zu treffen. Dabei sind der finanziellen Leistungsfähigkeit der Kommune und der späteren Nutzung des Geländes besonderes Gewicht beizumessen. In einem Pflege- und Entwicklungskonzept sollte klar zum Ausdruck kommen, welche Art von Nutzung in den einzelnen Geländeteilen anzustreben ist, welche Zielgruppe erreicht werden soll und welche Folgekosten daraus resultieren.[5]

Der ORH ist der Auffassung, dass eine Förderung nur ausgereicht werden darf, wenn die Kommune ausreichend leistungsfähig ist und alle fachlichen Kriterien erfüllt.


22.2.3 Stellungnahme der Verwaltung

Das Umweltministerium vertritt die Auffassung, dass das Bewerbungs- und Zuschlagsverfahren klar und transparent geregelt sei. Mit den Bewerbungen für eine Gartenschau seien Unterlagen einzureichen u. a. zur Finanzkraft einer Kommune, zur langfristigen Nutzung, zu zukünftigen Unterhaltskosten und zu den Besitzverhältnissen. Die Bewerbungen würden anhand einer Checkliste, die detaillierte Kriterien enthält, beurteilt. Zuletzt entschieden die Mitglieder des Vergabeausschusses einstimmig. Finanzschwache Kommunen würden nicht per se ausgeklammert, da es Ziel der Staatsregierung sei, Fördermittel gezielt in strukturschwache Regionen lenken zu können. Darüber hinaus werde der Freistaat erheblich entlastet, da Kosten und personelle Aufwendungen ausschließlich durch die FöG getragen würden.


22.2.4 Bemerkung des ORH

Der ORH bleibt bei seiner Einschätzung, dass das Bewerbungs- und Zuschlagsverfahren nicht transparent ist. Dass der Vergabeausschuss einstimmig zu entscheiden hat, ist weder in den "Zielen und Grundsätzen" noch in den Förderrichtlinien verbindlich festgelegt. Die Entscheidung über den Zuschlag und die Förderung sollte in der Hand der Verwaltung liegen.

Der ORH ist weiterhin der Ansicht, dass wichtige Entscheidungskriterien nicht ausreichend einbezogen werden. Diese sollten daher konkretisiert sowie deren Gewichtung offengelegt werden.

Auch bei der Förderung in strukturschwachen Regionen muss stärker darauf geachtet werden, dass die Kommune die notwendige Leistungsfähigkeit zur Durchführung der Maßnahme besitzt.[6]

Kosten und personelle Aufwendungen werden zwar von der FöG getragen. Diese finanziert sich aber ausschließlich zulasten der Kommunen.


22.3 Durchführungsverträge

Der Zuschlag für eine Gartenschau wird erst dann wirksam, wenn die Kommune mit der FöG einen entsprechenden Gesellschaftsvertrag (als Durchführungs GmbH) abschließt. Die Kommune verpflichtet sich durch diesen Vertrag, für die Tätigkeit der FöG Kostenersatz mit festen Tagessätzen zu leisten und Reisekosten zu erstatten. Außerdem muss von allen Einnahmen der Gartenschau (Eintrittsgelder, Mieten, Pachten, sonstiger Verkäufe) ein bestimmter Prozentsatz an die FöG abgeführt werden.


22.3.1 Feststellungen

Die FöG finanziert sich ausschließlich aus Einnahmen der Gartenschauen. Die Gesellschafter der FöG beteiligen sich nicht an der Finanzierung, obwohl mit Gartenschauen auch das Ziel verfolgt wird, "dem bayerischen Gartenbau die Möglichkeit zu geben, seine (...) Beiträge in der Stadt vorzustellen".[7]

Die FöG erhält für ihre Tätigkeit von der Kommune Tagessätze zuzüglich Reisekosten, Anteile aus dem Kartenverkauf und teilweise Aufwandsentschädigungen. Ein Nachweis für die in Rechnung gestellte Vergütung wird nur für die vereinbarten Tagessätze, nicht aber für den Anteil an den Eintrittsgeldern geführt. Der Aufwand der FöG war daher für den ORH bei seiner Prüfung nicht ausreichend nachvollziehbar.


22.3.2 Würdigung und Empfehlung des ORH

Eine Preisfindung über den Markt kann nicht stattfinden, weil der Abschluss eines Gesellschaftsvertrages mit der FöG verpflichtend ist. Nach Ansicht des ORH kann damit die Kommune, die die Förderung erhält, keinen Wettbewerb um die wirtschaftlichste Leistung herstellen. Er fordert daher, dass die Verknüpfung von Zuschlag, Abschluss des Gesellschaftsvertrages und Förderung aufgelöst wird.


22.3.3 Stellungnahme der Verwaltung

Nach Auffassung des Umweltministeriums gereicht die Zusammenarbeit mit der gemeinnützigen FöG den Kommunen zum Vorteil. Sie bringe Kompetenz und Fachwissen ein. Die den Städten in Rechnung gestellte Vergütung werde detailliert nachgewiesen. Gewinne würden für Betriebskosten oder Rücklagen verwendet.

Auch der FöG wurde Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Die vorgebrachten Argumente finden sich im Wesentlichen in der Stellungnahme des Ministeriums wieder.


22.3.4 Bemerkung des ORH

Der ORH bezweifelt nicht, dass die FöG Kompetenz und Fachwissen einbringt. Die Verwaltung hat sich aber zu dem Vorwurf der durch den Staat begründeten Monopolstellung der FöG nicht geäußert. Der ORH hält daran fest, dass die Verknüpfung von Zuschlag, Abschluss des Gesellschaftsvertrages und Förderung aufzulösen ist. Die zwangsläufige Verpflichtung der FöG gewährleistet nicht, dass Gartenschauen wirtschaftlich durchgeführt werden können.


22.4 Förderverfahren


22.4.1 Feststellungen

Bei den geprüften Gartenschauen wurden folgende Verstöße gegen die Förderbestimmungen festgestellt:

  • Die Umgestaltung und der Umbau bereits vorhandener Grünflächen und Anlagen stehen im Widerspruch zu den Grundsätzen und Zielen zur Durchführung von Gartenschauen. Diese Maßnahmen sind nicht förderfähig.
  • Anlagen und Anlagenteile, die der Gewinnerzielung dienen, sind ebenfalls nicht förderfähig.
  • Einzelne Maßnahmen wurden zusätzlich aus Mitteln des Umweltfonds und des Straßenbaus gefördert; dies stellt eine unzulässige Mehrfachförderung dar.
  • Pläne wurden geändert und Maßnahmen beauftragt, ohne dass die notwendige Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn vorlag.
  • Vergabevorschriften wurden nicht eingehalten.
  • Geförderte Anlagen müssen der Allgemeinheit auf Dauer uneingeschränkt zugänglich sein. Diese Auflage wurde nicht immer beachtet. So waren geförderte Mustergärten für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich, weil sie nach Ende der LGS verpachtet wurden. Teilflächen eines Gartenschaugeländes sollen in einen Bebauungsplan einbezogen und bebaut werden. In einem weiteren geprüften Fall existierte bereits ein Stadtratsbeschluss, auf dem geförderten Gelände Wohnbebauung zu errichten. Erst aufgrund der Prüfung des ORH wurde der Beschluss rückgängig gemacht.

Die Verwaltung hat die Verstöße gegen geltendes Förderrecht bzw. Vergaberecht weder im Bewilligungsverfahren noch bei der Prüfung der Verwendungsnachweise erkannt.

In zwei Fällen konnte die vom ORH vorgesehene Prüfung noch nicht begonnen werden, weil die Prüfung des Verwendungsnachweises durch die Regierung seit August 2012 bzw. Mai 2012 andauert. Die Verwaltung verstößt damit gegen ihre eigenen Vorschriften, nach denen unverzüglich nach Eingang des Verwendungsnachweises mögliche Erstattungsansprüche zu prüfen sind und insgesamt "auf eine schnelle Vorlage und Prüfung der Verwendungsnachweise" zu achten ist.[8] Das Ministerium empfiehlt den Regierungen, die Verwendungsnachweisprüfung an eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberaterkanzlei zu vergeben. Die Kosten hierfür sind derzeit nicht bekannt.


22.4.2 Würdigung und Empfehlung des ORH

Bei der Planung und Durchführung der Gartenschauen sind die Förderrichtlinien und die Vergabevorschriften einzuhalten. Bei Verstößen ist über die Rückforderung nicht zweckentsprechend eingesetzter Mittel zu entscheiden.

Aus Sicht des ORH zeigt sich, dass die Abwicklung der Förderverfahren im Zusammenspiel von Regierungen und Umweltministerium verbessert werden muss. Auch bei der Gartenschauförderung hat das Umweltministerium einen einheitlichen Fördervollzug sicherzustellen. Dazu sollte es die Regierungen koordinierend und beratend unterstützen.

Die Prüfung der Verwendungsnachweise ist Bestandteil des Förderverfahrens und sollte effizienterweise stets von der Bewilligungsstelle durchgeführt werden.[9] Zusätzlich mindern die Kosten für die Erledigung durch Externe den Sachhaushalt der Verwaltung.

Der Landtag hat mehrfach durch Beschlüsse deutlich gemacht, dass die Prüfung der Verwendungsnachweise bei Projekten mit hohen Kosten zu intensivieren und zeitnah durchzuführen ist.[10] Dieser Vorgabe kommt die Verwaltung nicht nach.


22.4.3 Stellungnahme der Verwaltung

Das Umweltministerium weist darauf hin, dass es sich hier um Einzelfeststellungen des ORH handele, die i. d. R. auf die Komplexität einer Gartenschau als städtebauliches und grünplanerisches Großprojekt zurückzuführen seien. Eine systematische Missachtung von Förderbestimmungen liege nicht vor. Einzelne, tatsächlich aufgetretene Verstöße gegen Fördervorgaben würden vom Umweltministerium verfolgt. Es habe seit 2011 umfangreiche Maßnahmen zur Verbesserung des Förderverfahrens getroffen, wie die Erstellung detaillierter Vollzugshinweise und die Durchführung von Dienstbesprechungen mit den Bewilligungsbehörden. Neue Richtlinien würden derzeit erarbeitet.


22.4.4 Bemerkung des ORH

Der ORH sieht die vom Umweltministerium eingeleiteten Schritte zur Verbesserung des Förderverfahrens, bekräftigt aber die Forderung nach Sicherstellung eines einheitlichen und zeitnahen Fördervollzugs entsprechend der Rechtslage.


22.5 Abschließende Bemerkung des ORH

Der ORH bleibt bei seiner Auffassung, dass Entscheidungs- und Durchführungsprozesse bei den Gartenschauen optimiert werden müssen. Die zwingende Verknüpfung von Vergabe- und Förderentscheidung mit dem Abschluss eines Gesellschaftsvertrages mit der FöG macht das Verfahren undurchsichtig und verhindert einen Wettbewerb.

Das Umweltministerium als Oberste Landesbehörde ist aufgefordert, die nachgeordneten Behörden bei komplexen Förderverfahren zu unterstützen und zu beraten, um Verstöße gegen Förder- und Vergaberecht zu verhindern.

Der ORH hält eine aufgeteilte Bearbeitung von Bewilligung der Förderung und Prüfung des Verwendungsnachweises für nicht sachgerecht. Die Prüfung des Verwendungsnachweises ist originäre Aufgabe der Verwaltung.

 



[1] FöG: Ziele und Grundsätze zur Durchführung von Landesgartenschauen bzw. Gartenschauen "Natur in der Stadt", http://www.landesgartenschau.de/fileadmin/user_upload/pdf/2013-11-19_Ziele_LGS__und_NiS_final.pdf
(abgerufen am 23.02.2014).
[2] Bis 2006 war das Ministerium die Bewilligungsbehörde.
[3] Nr. 1.2 VVK (Anlage 3 zu den VV zu Art. 44 BayHO).
[4] ORH-Bericht 2006 TNr. 15.
[5] Auch in anderen Ländern müssen bereits vor dem Zuschlag für eine Gartenschau Konzepte zur Nachnutzung vorgelegt und deren Folgekosten kalkuliert werden, z. B. in Schleswig-Holstein, Hessen, Thüringen und Baden-Württemberg.
[6] Nr. 1.2 VVK (Anlage 3 zu den VV zu Art. 44 BayHO).
[7] FöG: Ziele und Grundsätze zur Durchführung von Landesgartenschauen bzw. Gartenschauen "Natur in der Stadt", http://www.landesgartenschau.de/fileadmin/user_upload/pdf/2013-11-19_Ziele_LGS__und_NiS_final.pdf(abgerufen am 23.02.2014).
[8] VV Nr. 11.1 zu Art. 44 BayHO und Hinweise Nr. 17 zu VV Nr. 11.1.
[9] ORH-Bericht 2008 TNr. 15.
[10] Vgl. Beschlüsse des Landtags vom 19.03.1986 (LT-Drucksache 10/9680), vom 03.06.2008 (LT-Drucksache 15/10871), vom 08.05.2012 (LT-Drucksache 16/12471) und vom 04.06.2013 (LT-Drucksache 16/16954).