TNr. 29: Festsetzung der Versorgungsbezüge

Nach Ansicht des ORH muss die Qualität der Festsetzungen verbessert und eine wirksame Qualitätssicherung eingeführt werden.
29.1 Ausgangslage
Das LfF setzt Versorgungsbezüge[2] fest. Ihre Höhe hängt insbesondere von Bezügen[3] und Dienstzeit[4] ab, die allerdings nicht immer in vollem Umfang einzubeziehen sind. Andere Bezüge oder Einkünfte (z.B. Renten, weitere Versorgungsbezüge sowie Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen) sind ggf. auf die Versorgungsbezüge anzurechnen.Für die Berechnung zieht das LfF die Personalakten des Beamten bei. Ein Sachbearbeiter berechnet die Versorgungsbezüge und berücksichtigt ggf. andere Bezüge und Einkünfte. Bevor Versorgungsbezüge ausgezahlt werden, überprüft ein Arbeitsgruppenleiter diese Berechnung (Vier-Augen-Prinzip).
29.2 Feststellungen
Der ORH wählte Festsetzungen vor deren Bekanntgabe (im Folgenden: Festsetzungen) unter Risikogesichtspunkten aus und prüfte diese stichprobenhaft zeitnah. Ziel war, Fehlzahlungen und Neufestsetzungen mit aufwendigen Rückforderungen von überzahlten Versorgungsbezügen zu verhindern.In den Jahren 2012 bis 2015 erstellte das LfF ca. 29.350 Festsetzungen für Versorgungsbezüge (Tabelle 42). In 2015 waren dabei aufgrund der sog. Mütterrente 4.200 Festsetzungen zu erstellen.[5] Die Rechnungsprüfung hat aus der Gesamtzahl der Festsetzungen 3.814 Fälle (ca. 13,0%) nach Risikogesichtspunkten ausgewählt und geprüft. In 710 Fällen (ca. 18,6%) der ausgewählten Festsetzungen wurden Fehler verschiedener Kategorien (Tabelle 43) festgestellt, die auch monetäre Auswirkungen haben.
Beispiele der zeitnahen Prüfung der Versorgungsbezüge:
Bei der Festsetzung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit für einen Beamten der Qualifikationsebene 4 (früher: höherer Dienst) wurden neben dem Studium und den Beamtenzeiten zusätzlich zu Unrecht zwei Jahre Promotionszeit sowie eine im Angestelltenverhältnis zurückgelegte Zeit von mehr als vier Jahren angesetzt. Das LfF berichtigte aufgrund der Rechnungsprüfung die Festsetzung und verhinderte Überzahlungen von jährlich 5.200 €.
Ein Beamter schied wegen der Wahl zum berufsmäßigen ersten Bürgermeister einer Gemeinde aus dem Beamtenverhältnis zum Freistaat aus. Nach der Wahlperiode wurde er wieder in das Beamtenverhältnis beim Freistaat berufen. Bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge wurde übersehen, dass sich die Gemeinde als früherer Dienstherr an der Versorgung beteiligen muss.[6] Die Beteiligung an der Versorgung führt zu jährlichen Mehreinnahmen des Freistaates von 8.900 €.
Ein Professor wurde nach Eintritt in den Ruhestand im Angestelltenverhältnis weiterbeschäftigt. Diese Bezüge wurden auf das Ruhegehalt korrekt angerechnet.[7] Der Ruhestandsbeamte hatte daneben auch einen Anspruch auf eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese Rente war unzutreffend nicht auf das Ruhegehalt angerechnet worden.[8] Die Anrechnung vermeidet jährliche Überzahlungen von 12.600 €.
Bei der Festsetzung der ruhegehaltfähigen Bezüge eines Lehrers wurde eine Amtszulage ohne rechtlichen Grund nicht berücksichtigt. Durch die Berichtigung der Festsetzung ergaben sich jährliche Mehrausgaben in Höhe von 1.955 €.
In den Jahren 2012 bis 2015 wurden Fehlzahlungen[9] von über 900.000 € (Jahresbetrag) verhindert. Die Rechnungsprüfung hat diese für jeden Fall auf die jeweilige statistische Lebenserwartung[10] des Versorgungsempfängers hochgerechnet. Danach ergäbe sich für die zu erwartende Bezugsdauer ein Gesamtbetrag von über 15 Mio. € an Über- oder Unterzahlungen.
Die hochgerechneten Auswirkungen verteilten sich wie folgt auf die einzelnen Fehlerkategorien:
Die Rechnungsprüfung hat ihre Feststellungen für jeden geprüften Einzelfall dem LfF mitgeteilt. Zusätzlich übermittelt der ORH seit Mitte 2014 das Gesamtergebnis für jedes Jahr dem Finanzministerium.
29.3 Würdigung
Die Anzahl der vor Bekanntgabe beanstandeten Festsetzungen der Versorgungsbezüge und die möglichen finanziellen Auswirkungen sind in den Jahren 2012 bis 2015 im Wesentlichen vergleichbar hoch geblieben.[11]In den kommenden Jahren werden die Anzahl der Versorgungsempfänger und damit die Festsetzungen der Versorgungsbezüge weiter ansteigen.[12] Im Hinblick auf finanzielle Risiken muss die Qualität der Festsetzungen der Versorgungsbezüge dringend verbessert werden.
Aufgrund der anhaltend hohen Fehlerquoten sind die Fortbildungen, Schulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für alle Sachbearbeiter und Arbeitsgruppenleiter zu verbessern. Einarbeitungsmaßnahmen für neue Mitarbeiter sollten verstärkt werden. Dies gilt insbesondere für Personal, das aus versorgungsfremden Bereichen kommt.
Die Rechnungsprüfung hat nun über Jahre mit geringem Personaleinsatz für die "zeitnahe Prüfung" maßgeblich zur Qualitätsverbesserung bei der Festsetzung von Versorgungsbezügen beigetragen.
Überfällig ist, dass das LfF selbst eine wirksame Qualitätssicherung betreibt. Sogar ein verstärkter Personaleinsatz des LfF wäre wirtschaftlich für den Staatshaushalt und weniger belastend als langjährige Überzahlungen im Versorgungsbereich.
29.4 Stellungnahme der Verwaltung
Das LfF habe die begründeten Beanstandungen der Rechnungsprüfung jeweils im Rahmen des Festsetzungsverfahrens berücksichtigt. Daher sei es in diesen Fällen nicht zu Fehlzahlungen gekommen. Trotz einer insgesamt guten Bearbeitungsqualität sei eine weitere Verbesserung des Qualitätsmanagements ein berechtigtes Anliegen. Hierzu hätten sowohl das Finanzministerium als auch das LfF die Ergebnisse der Rechnungsprüfung ausgewertet und daran anknüpfend Maßnahmen zur Unterstützung und Schulung der Sachbearbeiter ergriffen. So würden zum Beispiel im Rahmen einer Wissensplattform Informationen zur Verfügung gestellt und gezielte Fortbildungsmaßnahmen zu ausgesuchten Schwerpunkten angeboten.Darüber hinaus werde das LfF weiterhin darauf achten, in den Bezügestellen Versorgung eine angemessene Personalausstattung sicherzustellen. Dies gelte insbesondere für die Anwärter der dritten Qualifikationsebene, die sich derzeit in Ausbildung befänden und dem Bedarf entsprechend zu einer personellen Verstärkung der Bezügestellen Versorgung beitragen würden.
29.5 Schlussbemerkung
Die Fehler bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge müssen reduziert werden. Deren lang wirkende finanzielle Auswirkungen sind beträchtlich. Durch die Rechnungsprüfung ausgewählter Fälle konnte nur ein Teil der Fehler erkannt und vermieden werden.Der ORH fordert, die Qualität der Festsetzungen der Versorgungsbezüge zu verbessern. Hierfür müssen die Mitarbeiter besser eingearbeitet und das bereits eingesetzte Personal regelmäßig fortgebildet und geschult werden.
Es ist Aufgabe der Verwaltung, endlich nachhaltige Qualitätssicherung zu betreiben.
[1] Dienststellen Ansbach, München und Regensburg.
[2] Ruhegehälter, Sterbe-, Witwen- und Waisengelder, Übergangsgelder.
[3] Art. 12, 13 BayBeamtVG.
[4] Art. 14 bis 25 BayBeamtVG.
[5] Art. 114a BayBeamtVG, Kindererziehungszuschlag für vor 1992 geborene Kinder.
[6] Art. 109 BayBeamtVG.
[7] Art. 83 BayBeamtVG.
[8] Art. 85 BayBeamtVG.
[9] Überzahlungen und Unterzahlungen.
[10] Sterbetafeln für das Land Bayern, Jahr 2008/2010, Stand 05.03.2012, Bayer. Landesamt für Statistik.
[11] Vgl. oben Tabelle 42 "Verteilung und Entwicklung der beanstandeten Fälle" und Tabelle 43 "Beanstandungen nach Fehlerkategorien".
[12] Versorgungsbericht des Freistaates Bayern für die 17. Legislaturperiode vom Dezember 2014, S. 112 ff.