Medieninformation vom 15.03.2023
Nationalpark Berchtesgaden: Zu viel Wild im Bergmischwald
ORH empfiehlt effizienteres Nationalpark-Management
Die Entwicklung eines stabilen Bergmischwalds ist das zentrale Ziel für den Nationalpark Berchtesgaden. Das wird aber auch 45 Jahre nach Gründung dieses einzigen deutschen Alpen-Nationalparks in Teilen bis heute nicht erreicht. Nötig wären dafür vor allem Maßnahmen zur Waldverjüngung und die Regulierung des Wildbestands, moniert der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) aufgrund einer aktuellen Prüfung. Entgegen der Empfehlungen eines Expertengremiums aus dem Jahr 2011 wurden dazu aber schon damals bestehende Defizite nicht entschieden angegangen. Das kostet bares Geld: Baumpflanzungen von über einer Viertelmillion Euro konnten aufgrund eines zu hohen Wildbestands die Lage nicht verbessern. Angesichts dieser Defizite sieht der ORH auch die jährlichen Ausgaben für Rotwildfütterungen im sechsstelligen Bereich kritisch.
Der ORH prüfte nach 2009 in den Jahren 2021 bis 2022 erneut die Nationalparkverwaltung Berchtesgaden. In einer Beratenden Äußerung für den Bayerischen Landtag vom 15. März 2023 geht er insbesondere auf den Zusammenhang von Waldverjüngung und Wildbestandsregulierung sowie auf das Nationalpark-Management ein:
In einem Teilbereich des Nationalparks gibt es inzwischen einen so hohen Wildbestand, dass das Aufwachsen von Mischbaumarten durch Wildverbiss verhindert wird. In diesem Zusammenhang ist kritisch zu sehen, dass das Wild im Winter auch noch intensiv gefüttert wurde - in fünf Jahren entstanden dafür Kosten von rd. 700.000 Euro. So wird die Zielsetzung, einen standorttypischen Bergmischwald aufzubauen, gefährdet. Datenerhebungen zu Wildbestand und Wildverbiss waren bis 2021 trotz hohen Personalaufwands nicht ausreichend valide. Wissenschaftlich basierte wildbiologische Untersuchungen gibt es erst seit Ende 2021. Ein Kernproblem ist die Jagdausübung: Abschusspläne werden nicht erfüllt. Klärungsbedarf sieht der ORH auch hinsichtlich des künftigen Ausmaßes der Jagd in der aufgehobenen Schonzeit.
Dringenden Optimierungsbedarf sieht der ORH auch beim Nationalpark-Management: Die Nationalparkverwaltung richtete ihr Handeln bis zum Jahr 2022 am nicht mehr aktuellen Nationalparkplan 2001 aus, obwohl die Aktualisierung bereits 2011 aus Sicht eines Expertengremiums erforderlich war. Es fehlte somit über Jahre an einer aktualisierten Grundlage für die jährliche Planung und Priorisierung der finanz- und personalwirksamen Maßnahmen im Nationalpark. Es wäre Aufgabe des Umweltministeriums gewesen, die zeitnahe Fortschreibung einzufordern.
Der ORH empfiehlt zudem, den Nationalparkplan künftig stets rechtzeitig fortzuschreiben. Für das Management bedarf es eines kontinuierlichen und aussagekräftigen Monitorings von Wildbestand und Verbisssituation. Die Waldentwicklung sollte mit messbaren Zielen neu ausgerichtet und mit einer effizienten Wildbestandsregulierung flankiert werden.
Die Beratende Äußerung können Sie hier abrufen.